Rezension

Kaytranada

99,9%


Highlights: Drive Me Crazy // Glowed Up // Weight Off
Genre: Hip-Hop // House // Jazz // Soul
Sounds Like: Flying Lotus // Ta-Ku // Hudson Mohawke

VÖ: 06.05.2016

Es ist verrückt. Obschon Louis Kevin Celestin in aller Munde ist und bereits weltweit mittelgroße bis große Venues ausverkauft hat, steht mit “99,9%” sein erstes echtes Solo-Album in den Läden. Und auch aufgrund seiner jahrelangen Produzentenerfahrung könnte die Platte kaum selbstbewusster um die Ecke kommen.

Der in Haiti geborene und in Montreal lebende Produzent macht keine Genre-Musik. Aufgewachsen mit J Dilla und Konsorten, deren Musik er sich mit seinem Bruder gemeinsam aneignete, übte er sich zunächst unter dem Pseudonym Kaytranadum als klassischer Soundcloud-/Bandcamp-Beatbastler – nicht ohne Erfolg. Sein unauthorisierter Remix von Janet Jacksons “If” wirbelte im Jahr 2012 die Blogosphäre auf und bescherte ihm Arbeiten für renommierte Künstler wie Danny Brown und Missy Elliott. Und dennoch wurde es ihm irgendwann zu klein im Genrebecken. Er entdeckte die elektronische Musik, den Funk, den Soul und den Jazz.

“99,9%” spiegelt genau diese Vielfalt wieder und will sich einfach nicht einordnen lassen. “Got It Good” schielt mit Hilfe von Craig David in Richtung R&B, während “Drive Me Crazy” sich dank Vic Mensa nicht vor State-Of-The-Art-Rap der Kanyes, Kednricks und Drakes dieser Welt verstecken muss. Auch darüber hinaus geben sich UK-Garage-, Chicago-House-, Soul-, Jazz- und Funk-Anleihen die Klinke in die Hand und obschon man musikalisch wie inhaltlich (wie üblich bei dieser Form featurelastiger Alben) keine Storyline und Kohärenz erkennen kann, gibt es doch eine klare Kaytranada-Handschrift. Rumpelige, schleppende, sehr organische Jazz-Beats, die in jedem Track in den Vordergrund gemischt werden und wummernde Basslines liegen jedem der sehr unterschiedlichen 15 Tracks zugrunde und machen trotz aller Genresprunghaftigkeit den Trademark-Sound des 23-Jährigen aus. So ist “99,9%” ein wahnsinnig selbstbewusstes Werk eines interessanten Künstlers, der auf Zielgruppen pfeift und genau damit an der Speerspitze der modernen Produzentengarde stehen dürfte.

Andreas Peters

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