Rezension

Josh Ottum

Watch TV


Highlights: Goin' Gone // Feel Real Brite // Not Built For Two
Genre: Indie-Pop // Art-Pop // Singer/Songwriter
Sounds Like: Ben Folds // Badly Drawn Boy // Rachel Goodrich // Eels // The Grand Opening

VÖ: 08.07.2011

Zeit ist Geld, Zeit ist relativ, Zeit ist Luxus etc. Derartig bornierte Lebensweisheiten erklingen in Konversationen immer wieder aus den Mündern mancher Menschen, wenn es ums Thema "Zeit" geht. Geistiger Nonsens, der da geäußert wird. Schon ein wenig aussagekräftiger sind dagegen die Gedanken eines österreichischen Lehrers, der da sagt, dass "Zeit die wir uns nehmen, Zeit ist, die uns etwas gibt" (Ernst Ferstl): sich Zeit zu nehmen für Freunde, Familie, für sich selbst, Zeit für eine Platte, für ein Glas Wein, ein Buch, oder, wie im Falle von Josh Ottum, Zeit für das Schreiben eines Albums – all das kann uns etwas wiedergeben, all das gibt uns etwas wieder.

Zeit hat der aus Seattle stammende Singer-Songwriter Josh Ottum scheinbar genug, denn für seine Musik nimmt er sich mehr als reichlich davon. So arbeitete er an seinem Debütalbum "Like The Season" ganze acht (!) Jahre, ehe es 2006 endlich erschienen ist. Heraus kam seinerzeit mithilfe der Unterstützung prominenter Gastmusiker wie Pedro The Lion, Sufjan Stevens Band, Laura Veirs oder Rosie Thomas eine experimentelle Mixtur aus Art-Pop, Folkrock und Jazz. Vergleichsweise schon fast als rasant kann man daher den Entstehungsprozess für sein neues Album "Watch TV" bezeichnen – lediglich drei Jahre liegen hier zwischen den ersten Ideen und der Veröffentlichung.

Dieses Mal fasst sich Josh Ottum nicht nur bei der Albumentwicklung für seine Verhältnisse kurz, auch fällt "Watch TV" im Hinblick auf Soundexperimente reduzierter aus als bisher gewohnt, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass er sich nun deutlich mehr auf sich selbst konzentriert und auf Features mit bekannten Musikern verzichtet. Josh Ottum beschränkt sich auf seinem zweiten Album musikalisch vor allem darauf, klassische Pop-Instrumente wie Gitarre, Bass oder Schlagzeug mit digitalen Sounds zusammenzufügen. So integriert er beispielsweise beim Song "Secret Age" diverse Synthies in das vor allem vom Klavier getragene Stück, während wiederum bei "Sittin 'Over There" futuristische Elektro-Gitarren und Keyboards eigenwillig zusammenfinden.

Thematisch setzt sich der mittlerweile nach Kalifornien übergesiedelte Ottum vor allem mit emotionalem Aufruhr, Isolation und verlorenen Träumen auseinander, aber auch neue Hoffnungen und Eindrücke von einem besseren Leben werden auf "Watch TV" angesprochen. Songs wie "Too Sure To See" oder "Not Built For Two", welche schon fast intime Singer-Songwriter Momente schaffen, liefern hierfür den entsprechenden Sound.

Gemeinsam haben die insgesamt zwölf Stücke des Albums, dass sie weniger von komplexen Arrangements, als vielmehr von eingängigen Melodien und jeder Menge detailverliebtem Pop getragen werden. Das mag natürlich kurzzeitig ganz nett sein, jedoch verhindert dies trotz der vielfältigen Ideen des Singer-Songwriters letztendlich eine entsprechende Vielseitigkeit und Abwechslung.

Josh Ottums musikalisches Talent bleibt bei alldem dennoch außer Frage, und so ist ihm mit "Watch TV" ein solides, unbeschwertes Album gelungen, das man an einem freien Sonntag gerne einmal zu Besuch hat. Doch dann ist auch gut und man will sich wieder mehr Zeit für andere Dinge nehmen – ein Glas Wein mit Freunden zum Beispiel.

Benjamin Schneider

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