Rezension

How To Dress Well

What Is This Heart?


Highlights: Face Again // Repeat Pleasure // Childhood Faith In Love (Everything Must Change, Everything Must Stay The Same) // A-Power
Genre: experimenteller Pop // R&B
Sounds Like: Sohn // Holy Other // Perfume Genius // James Blake

VÖ: 20.06.2014

Nach den umjubelten Vorgänger-Alben „Love Remains“ und „Total Loss“ legt Tom Krell, der unter dem etwas sperrigen Namen How To Dress Well arbeitet, in diesen Tagen endlich sein nächstes Werk vor. „What Is This Heart?“ lässt ein klein wenig den Lo-Fi-Charme der früheren Veröffentlichungen vermissen, wirkt etwas glatter, was jedoch nicht unbedingt negativ gedeutet werden muss. Es handelt sich hier nämlich keineswegs um eine gedrechselte und glattgeschliffene Platte für das Frühstücksradio – die Spitzen und Kanten brauchen eben nur den einen oder anderen Hördurchgang mehr, um zu wirken.

Hinter Krells zuckersüßem Gesang kommt dann, wie bei „A-Power“, ganz unvermittelt ein sägender Bass zum Vorschein, die Claps bei „Very Best Friend“ sind so catchy wie Claps eben nur sein können, und „Pour Cyril“ baut sich zunächst fast hymnisch auf, nur um dann im nächsten Moment die Synthie-Fanfaren derart übersteuern zu lassen, dass es eine wahre Freude ist. Textlich bewegt sich das Album zwischen den Themen Verlust und Isolation, aber auch Liebe und Intimität. Krell fährt komplett unerschrocken die ganze Palette von Angst, Kontrollverlust, Alpträumen, Schmerz und Tod, Vergnügen, Stolz und Scham auf. Seine Stimme driftet dabei manchmal in ungeahnte Höhen ab, ein andermal mimt sie leidend den getretenen Hund und klingt im nächsten Moment wieder extrem sexy und vertraut.

Im Hochsommer 2013 in Berlin aufgenommen, hört sich „What Is This Heart?“ irgendwie überhaupt nicht nach dieser Stadt an und im nächsten Moment schon wieder sehr. Solch unterschiedliche Einflüsse wie Lou Reed, Prince, Tracy Chapman oder gar Burial hinterlassen ihre Spuren. Aus dieser Mischung entsteht etwas, von dem man nicht genau sagen kann, ob es eine experimentelle Version von Soul ist oder doch eher tiefschürfende und anspruchsvolle Popmusik. Auf alle Fälle ist es ein Album, das Zeit braucht und das mit jedem neuen Hören wächst und neue Aspekte offenbart – also irgendwie doch das genaue Gegenteil eines Mainstream-Radiohits.

Christoph Herzog

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Video zu "Repeat Pleasure"
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