Rezension

Harrisons

No Fighting In The War Room


Highlights: Take It to The Mattress // Medication Time // Simmer Away
Genre: BritRock
Sounds Like: Arctic Monkeys // The Verve // Good Shoes

VÖ: 15.02.2008

Nehmen wir an, England habe 50 Millionen Einwohner. Vereinfachen wir und sagen, folglich seien 25 Millionen männlichen Geschlechts. Seien 4,4 Millionen davon zwischen 16 und 29 Jahren alt. Daraus ergäben sich, unter Annahme von Bass, Schlagzeug, Gitarre und Gesang, 1,1 Millionen mögliche Bands. Vielleicht sind 100.000 eher an elektronischer Musik interessiert, also bleiben 1 Million Bands. Sollten wir da nicht langsam angekommen sein?

So negativ das klingen mag, stehe ich der neuesten Hoffnung aus England, genauer gesagt aus Sheffield, eigentlich ganz positiv gegenüber. Nicht nur, dass sie auf Grönland veröffentlichen, dem Label, das ich kürzlich erst für ihren Mut im Bezug auf Krautrock-Wiederveröffentlichungen lobte, nein, auch musikalisch geht das vollkommen in Ordnung. Natürlich klingt es wie die Arctic Monkeys und vielleicht auch Maximo Park oder Good Shoes, aber nicht nur, und das ist es, was eine durchaus positive Überraschung auslöst. Neben ihren Alters-/Zeitgenossen – oder den von ihnen zitierten Künstlern, also Punk und Mod – bedienen sich die vier Harrisons ebenso bei den mittleren 90ern, namentlich dem BritPop und dessen vielseitigen Abzweigungen.

Dennoch zielt das Album tatsächlich auf die Käuferschicht, deren Geldvorrat von den Arctic Monkeys so erfolgreich angezapft wurde. Der Großteil der Songs zwischen „Dear Constable“ und „Come For Me“ versucht die Tanzfläche der 00er Jahre Indie-Disko zu bedienen und so einprägsam und leichtgängig zu sein, dass der Tänzer es zu Hause auch noch mögen kann. Das gelingt mal besser und mal schlechter, besonders gut jedoch bei „Take It to The Mattress“, „Blue Note“ und „Medication Time“. Den meisten Gefallen jedoch erwecken die Songs, die eher nach 90er Jahren, denn nach den ausgehenden 70ern klingen („Simmer Away“).

Die Mischung aus beidem macht den Reiz dieses Debüt-Albums – 7’’ sind seit 2005 im Umlauf – aus. Nicht nur auf die Zwölf, sondern auch der Versuch, Hymnen zu schreiben. Ein wenig mehr Hymnisches, ein wenig mehr Talent im Songwriting vielleicht und etwas weniger Tanzbarkeit, dann könnte das Album toll sein. So ist es eins unter vielen. Gut zu hören, aber nicht mehr. Die Harrisons wären nicht die erste Band, deren Debüt zu lang brauchte und ihr einziges Album blieb. Aber hoffen wir mal, dass das Potential, das „No Fighting In The War Room“ durchaus zeigt, weiter ausgeschöpft wird.

Oliver Bothe

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