Rezension

Figub Brazlevič

Ersatzverkehr


Highlights: So Sorry // Mula 4 Life/Husten
Genre: HipHop
Sounds Like: Oldschool-HipHop // Eastcoast

VÖ: 30.05.2014

Das Produzentenalbum hatte in Deutschland in den letzten Jahren eher einen schweren Stand. Gab es Mitte der 2000er Jahre noch diverse Produzenten wie beispielsweise Monroe, die eine ganze Reihe Rapper der deutschsprachigen Elite für sich gewinnen konnten, wurde es in den Folgejahren eher still in dieser Sparte des HipHops. Zuletzt konnte zwar Cro-DJ Psaiko.Dino mit seinem Album „#hangster“ einen respektablen Charteinstieg vorweisen, die Zeit des Produzentenalbums scheint in Deutschland allerdings immer noch nicht gekommen zu sein.

Mit einem Remix-Album allerdings, wie dem des Berliners Figub Brazlevič, verhält sich das ganz anders. Sind die Rapper nicht darauf angewiesen, ihre Parts extra aufzunehmen, stellen sie viel bereitwilliger Material zur Verfügung. Und da sich zuletzt fast jeder namhafte Rapper bei Brazlevič um Beats oder Remixe bemüht hat, liest sich die Liste der Beiträge überraschend homogen.

Brazlevič bewegt sich dabei mit seinen Produktionen gekonnt in der alten Schule des HipHops. Die Sample-getriebenen Beats strotzen nur so vor Referenzen an die alte New Yorker Schule. Der Flavour der 90er-Eastcoast wurde von Produzenten in Deutschland selten so umfangreich eingefangen. An jeder Ecke finden sich Jazz-Elemente, mit denen die Beats die perfekte Fläche für inhaltsstarke Parts bieten. Bestes Beispiel hierfür ist der grandiose Track „Kung Foo“ von Dillon Cooper. Wenn man es nicht besser wüsste, dieser Song könnte im hinterletzten Kellerstudio irgendwo in Queens bei einer mehrstündigen Session entstanden sein.

Auch die meisten Künstler aus Deutschland passen überraschend gut auf die unaufdringlichen, entspannten Brazlevič-Beats. Lediglich die Harmonien, die sich in den Originaltracks ergeben haben, weiß Brazlevič nicht immer perfekt einzubinden, wie in dem eigentlich grandios dreckigen „Dicke Hipster“ von Fatoni.

Insgesamt kann „Ersatzverkehr“ durch mehr als ein Dutzend interessanter Tracks einen Bereich des HipHop bedienen, den man so in Deutschland viel zu selten trifft. Brazlevič hat ein genaues Gespür für eine Ära, die in Deutschland leider nie wirklich stattgefunden hat. Da sich immer mehr Produzenten für eben jene Eastcoast-Variationen zu interessieren scheinen, steht dem geneigten Hörer aber eventuell genau das bevor. Und vielleicht bekommt dann auch endlich das Produzentenalbum in Deutschland die Anerkennung, die es verdient hat und es müssen nicht mehr nur Remixe sein. Argumente dafür findet Brazlevič jedenfalls genug.

Arne Lehrke

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Das Video zu "Dicke Hipster"

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