Rezension

Daphni

Jiaolong


Highlights: Yes, I know // Ne Noya // Ahora
Genre: House // Techno // Electronica // Experimental
Sounds Like: Teo Parrish// Trentemøller // DJ Shadow // Moby

VÖ: 12.10.2012

Schon längst ist Dan Victor Snaith nicht mehr nur ein großes Talent unter vielen, das sich (im weitesten Sinne) im Bereich elektronischer Musik einen Namen zu machen versucht. Als solches galt er schließlich bereits schon Anfang der 2000er Jahre, als er noch unter dem Namen Manitoba minimalistische Tracks mischte und gekonnt sampelte. Doch was mit „Milk Of Human Kindness“ seinen Anfang nahm und zunächst auf faszinierende Art und Weise die vorhandene Affinität zu psychedelischer Rockmusik, zur Popmusik mit Elektronischem und vor allem Exotischem verband, ist inzwischen nicht mehr wegzudenken aus den angesagten Clubs, ist längst ein kleinster gemeinsamer Nenner, wie der Doktor für Mathematik (wie Snaith einer ist) sagen würde – und nennt sich Caribou. Die Tage von Brot und Wasser sind für Dan Snaith seitdem definitiv vorbei! Inzwischen wird Radiohead supportet und in zunehmendem Maße das Tanzbein gereizt, was mit der Großtat „Swim“ (2010) zuletzt prächtig gelang.

Es war da bereits abzusehen, dass es den Unbeirrbaren und Klangtüfftler in die schier unendlichen Möglichkeiten der elektronischen Klangproduktion zieht, sodass ein Bruch zum „Band-Projekt“ für Snaith die logische Konsequenz gewesen zu sein scheint. Seit gut anderthalb Jahren gibt es nun diverse Tracks und Mixes unter dem Namen Daphni, über die Snaith meint: “During the time I was making the Caribou album “Swim”, I'd fallen back in love with moments in small, dark clubs when a DJ puts on a piece of music that not only can you not identify, but that until you heard it, you could not have conceived of existing.”

Damit weiß man eigentlich schon alles, was “Jiaolong”, das erste Daphni-Full-Length-Album, ausmacht: Neun House- bzw. Deep-House-Tracks und höhere DJing-Kunst, wie man sie bisweilen vergeblich sucht. Snaith prahlt mit einer unfassbaren Plattensammlung aus den verstaubtesten Ecken der Musikgeschichte und webt daraus ganz spontan ein tanzbares Etwas für diejenigen, die auch nachts noch Sonnenbrillen tragen. Authentischerweise geschieht das nicht in monatelanger Feinarbeit, sondern intuitiv und aus dem Bauch heraus; unkontrollierbare Synthesizer-Sounds dürfen da nicht fehlen. Wie ein ordentliches DJ-Set eben, bei dem der Schweiß von der Decke des Clubs tropft und die Anwesenden eine kollektive Ekstase feiern. Auch andere mögen vielleicht schon aus einem Afro-Beat einen House-Track gebastelt haben, wie es Daphni bei „Pairs“ macht, aber man muss ihm zugutehalten, dass er wirklich den abgefucktesten und vor allem abgefahrensten Beat rotieren lässt, den unsereiner wohl unbesorgt in der Schnäppchenkiste des Plattenladens belassen hätte.

Snaiths Talent ist mit Sicherheit nicht nur handwerklicher Art, da gibt es wahrscheinlich begnadetere Künstler an Mischpult und Plattenteller, aber „Jiaolong“ offenbart wie auch im Falle von Caribou ein einmaliges Verständnis für Musik – und Snaith möchte uns daran teilhaben lassen. Hier zählen nicht einzig und allein bpms und cues, sondern ein einmaliges und geschultes Gespür für Songstrukturen. Vielleicht sind die Daphni-Tracks nicht zwingend für den heimischen Musikgenuss, aber schnellstens wünscht man sich einen Auftritt von Daphni im nächstgelegenen Club herbei. After-Hour inklusive.

Achim Schlachter

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