Rezension
Craig Finn
Clear Heart Full Eyes
Highlights: No Future // Jackson // Honolulu Blues
Genre: Country // Singer-Songwriter
Sounds Like: Lifter Puller // Tom Petty // Bruce Springsteen
VÖ: 27.01.2012
Wer, wenn nicht er: Dass gerade Craig Finn, Frontmann der modernen klassischen Rockband (man beachte das Oxymoron) The Hold Steady, sich an ein Soloalbum gewagt hat, ist eigentlich so überraschend wie die Hausfrau auf dem Bon-Jovi-Konzert. So wäre Craig Finn vielleicht ein großer amerikanischer Autor geworden, wenn er als Jugendlicher mal statt einer Gitarre eine Schreibmaschine unter dem Weihnachtsbaum gefunden hätte – so rufsingt er seine Geschichten über abgefuckte Jugendliche eben über Springsteen-Lyrics, statt sie zwischen Lederbände zu bannen.
Dass hier also nach fünf Hold-Steady-Alben (und diversen Nebenprojekten) einmal eine Veröffentlichung erfolgen muss, die mehr auf Finn, den Texter, konzentriert ist, liegt auf der Hand – und bei genauerem Hinblick auf dessen bevorzugte Themen (siehe allein schon den Albumtitel „Boys And Girls In America“) kann auch nicht überraschen, dass „Clear Heart Blue Eyes“ so uramerikanisch wirkt wie ein Texaner beim Barbecue. Finn mag nicht nur Country, sondern auch Western, slidende Gitarren, Gemächlichkeit und Wüstensand. Neuerdings scheint er auch Gefallen an einem bestimmten Pronomen gefunden zu haben: So ich-bezogen wie hier waren Finns Texte noch nie.
Falls das Ziel hinter „Clear Heart Blue Eyes“ nun also war, quasi musikalisch „ungestörter“ von Gott, der Welt und nochmal Gott erzählen zu können, muss man dieses Ziel spätestens nach Songzeilen wie I suppose you thought I'd be shaking up, I suppose you thought I'd be gushing blood – not true, I only died on the inside („No Future“) als gelungen betrachten – das Gleiche kann leider nicht unbedingt konstatiert werden, wenn man beim Plattenkauf auch mal auf andere Argumente als literarische Qualität schaut. So wirkt Finns Debüt teils etwas zu behäbig, zu staubig – interessant wird es vielmehr, wenn wie bei „No Future“ ansatzweise die Geschwindigkeit eines Hold-Steady-Songs erreicht wird oder „Honolulu Blues“, die erste Single, schon wieder in so uncoolem Maße Cowboy-Country ist, dass man sich sofort Dosenbohnen und Kautabak organisieren möchte. Abgesehen davon würde einem ein Ausdruck der Lyrics von „Cleart Heart Blue Eyes“ bereits einen viel zu großen Teil der Befriedigung geben, die das Album bietet – für die bestmögliche Ausbeute wird man dann doch weiter auf den Hold-Steady-Sechstling warten müssen.
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