Rezension

CANT

Dreams Come True


Highlights: Believe // BANG // She Found A way Out // Bericht
Genre: Indie-Pop // R&B // Soul
Sounds Like: Grizzly Bear // Twin Shadow // The Dirty Projectors // Active Child

VÖ: 09.09.2011

Nicht viele haben die Indie-Szene in den letzten Jahren so sehr geprägt wie Chris Taylor. Moment, Chris wer? Richtig, sonderlich bekannt ist er trotz all seiner Meriten nicht, dabei muss man sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Multiinstrumentalist bei Grizzly Bear und Department Of Eagles, Produzent für The Dirty Projectors und The Morning Benders, Gründer des gerade sehr angesagten Labels Terrible Records. Und dazu noch dicke mit George Lewis Jr. aka Twin Shadow, dessen Debüt-Album „Forget“ er vergangenes Jahr ebenfalls produziert hatte. Genau mit diesem Spezi veröffentlicht er nun also als CANT sein quasi erstes richtiges (oder halbes) Soloalbum. Kann bei der Vorgeschichte überhaupt was schiefgehen?

Selbstverständlich nicht. Chris Taylor ist bis obenhin voll mit Kreativität und muss für „Dreams Come True“ nur mal kurz den Hahn aufdrehen, um frischer zu klingen als der Großteil dessen, was es sonst so dieses Jahr zu hören gab. Paradoxerweise klingen die Songs beim ersten Hören erst mal nach genau der Mischung aus Grizzly Bear und Twin Shadow, die man zwar erwartet, aber für doch zu offensichtlich gehalten hätte. Trotz aller Beatlastigkeit: Folkinfizierte Sounds mit dem melancholischen Vibe der 80er. Sperrig, aber nicht unüberwindbar. Wie man das eben von all den anderen Projekten des Chris Taylor kennt.

Ist man aber erst mal drin, kommt man langsam dahinter, dass das hier tatsächlich ein waschechtes Soul- bzw. R&B-Album geworden ist. Natürlich nicht die gewohnte Hausmannskost, dafür ist das, was CANT mit „Dreams Come True“ abliefern, viel zu experimentell. 180°-Wendungen wie beispielsweise in „BANG“ oder „She Found A Way Out“, wenn plötzlich ein dicker Beat den Song an die Wand nagelt, sind keine Seltenheit. Aber der Groove ist da, immer und zu jeder Zeit. Dazu ergänzen sich die beiden Honigstimmen von Taylor und Lewis so gut, dass man phasenweise gar nicht mehr weiß, wer eigentlich gerade singt und wer „nur“ die Backing-Vocals beisteuert.

Musikalisch ist das schon extraklasse. CANT zeigen scheinbar spielend, dass moderne Popmusik auch mehr sein kann als das bloße Strophe-Refrain-Strophe-Schema. Richtig beeindruckend ist allerdings erst die Produktion. Gut, der Mann hat Erfahrung und dass er produzieren kann, hat er, wie bereits erwähnt, schon in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen. Dennoch sei noch mal gesagt: einen besseren Klang werden die Ohren so schnell nicht mehr zu hören bekommen. Höchstens beim (hoffentlich) bald erscheinenden neuen Grizzly-Bear-Album. Bis dahin bleibt „Dreams Come True“ aber ein mehr als würdiger Ersatz aus der seltenen Reihe „Soloausflüge, die auch Sinn machen“.

Benjamin Köhler

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