Rezension

Blur

The Magic Whip


Highlights: I Thought I Was A Spaceman // Go Out // Pyongyang
Genre: Rock // Pop
Sounds Like: Damon Albarn // The Cure // David Bowie // Graham Coxon

VÖ: 24.04.2015

Schnell sagt man einer Reunion nach, dass vor allem des Geldes wegen Altes aufgewärmt wird. Als Blur – wie so viele – zurückkehrten, kam mit ihnen die Skepsis. Wenige Konzerte später war man eines Besseren belehrt, sie begeisterten die Massen, auch wenn zunächst nur ein Best-Of-Set gespielt wurde. Ein Album rumorte zwar immer wieder, konkret wurde es jedoch erst Anfang diesen Jahres. Nun ist es da, „The Magic Whip“, das trotz einiger Vorabsingles nicht wirklich einzuordnen war.

Erst in Gänze zeigt sich, was dieses Album eigentlich ist: das Beste, das Blur je veröffentlicht haben. „The Magic Whip“ spannt den Bogen zu den früher Blur, ist aber an sehr vielen Stellen vor allem die Fortführung von „Everyday Robots“, dem letztjährigen Soloalbum Damon Albarns. Das Album ist größtenteils ruhig gehalten, erwachsen, vor allem jedoch ein von vorn bis hinten durchgetaktetes Werk mit ganz eigener Geschwindigkeit.

„Lonesome Street“ beginnt, erinnert sofort an die Elemente, die „Brit-Pop“ einst einen eigenen Genrebegriff werden ließen. Ein positiver Rocksong, mit einem überraschenden, an die ganz frühen Pink Floyd erinnernden Umbruch zur Mitte. Sehr langsam bahnt sich „New World Towers“ seinen Weg. Albarn singt gedankenverloren, ein seichtes Schlagzeug hier, ein kurzes Keyboardmotiv – vorbei, das nächste – ehe eine wunderschöne Gitarrenlinie den weiteren Verlauf bestimmt. Trotz der Gemächlichkeit strahlt der Song eine unglaubliche Dichte aus. Es passiert immer irgendetwas, was man vielleicht auch erst beim fünften Hinhören entdeckt. „Go Out“ beginnt mit bekannt klingendem Feedback, so dass der Kopf schon bei Arcade Fire weitermachen möchte. Aber nein, Damon Albarn ist es, der „I’m Dancing With Myself“ intoniert und dabei diese schiefe Tanzbarkeit herausbeschwört, die auch Arcade Fires „Normal Person“ ausmacht. Hier knarzt und pluckert es an jedem Ende und trotzdem ist es ein absoluter Hit.

Ein solcher ist auch „I Thought I Was A Spaceman“, wenngleich auf ganz anderer Ebene. Bei „Spaceman“ ist die Assoziation zu Major Tom nicht weit und ja, irgendwie passt es dazu, sich einen im All schwebenden David Bowie dazu zu denken. Und für die, die noch einen Drei-Minuten-Hit brauchen, gibt es direkt im Anschluss „I Broadcast“ und später „Ong Ong“. Wer einen überladenen Fanfaren-meets- Sozialkritik-Hit braucht, bekommt „There Are Too Many Of Us“. Für jene, die noch nicht wissen, was auf ein Sommermixtape soll, gibt es „Ghost Ship“. Und falls The Cure dieses Jahr wieder kein Album mit großartigen Balladen herausbringen, gibt es „Pyongyang“. Wer dann noch meint, Blur müssten mal eine staubtrockene Westernballade schreiben, samt spannungsgeladenem Streichereinsatz. Bitteschön, „Mirrorball“, nur für euch. Blur können das, Blur können alles, das zeigen sie mit „The Magic Whip“. Was für ein Comeback.

Klaus Porst

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