Rezension

Arrested Development
Strong
Highlights: N.W.A. // Wu-Tang Clan // OFWGKTA
Genre: Conscious Hip Hop
Sounds Like: Black Eyed Peas // The Fugees // Jurassic 5
VÖ: 20.05.2011

Früher war nicht alles bloß pixeliger, sondern auch ungleich komplizierter. Genügen heute wenige Mausklicks, um das virtuelle Einkaufskörbchen randvoll mit den exotischsten Musikveröffentlichungen zu stapeln, war das Beschaffen eines Imports früher eine aufreibende Prozedur und mit einer Zugfahrt in die nächstgrößere Stadt zur persönlichen Bestellung im spezialisierten Musikladen verbunden. Nach gefühlten drei Monaten Wartezeit war man zwar um 25 Euro erleichtert, allerdings um die Überzeugung reicher, nun ein kleines Schmuckstück zu besitzen, welches im größeren Umkreis wohl sonst niemand hatte. Aber diese graue Vorzeit ist längst vorbei.
Heute fragt man sich natürlich, welchen Sinn nachträgliche Veröffentlichungen überhaupt noch erfüllen, schließlich bekommt man die Alben unter den bekannten Importwegen häufig unter dem lokalen Preis. Deshalb ist auch nicht wirklich ersichtlich, wieso das 2009er Album „Strong“ von Arrested Development nun über zwei Jahre später in Europa veröffentlicht wird. Sicher, die Band spielt gerade einige Deutschlandshows in mittelmäßig angesagten Studentenstädten. Reicht dies als Veröffentlichungsgrund? Schwer vorstellbar, dass ein Name, der heute bloß für planloses Schulterzucken sorgt, 1993 (immerhin das Jahr, in dem „Enter The Wu-Tang“ erschien) sowohl einen Grammy für die Best Rap Performance erhielt, als auch vom Rolling Stone zur Band des Jahres gewählt wurde.
Arrested Development bedienen immer noch das ungeliebte Genre des Conscious Rap, vermischen dieses Gebräu allerdings mit Soul- und Weltmusikklängen. Positiv an diesem Schierlingsbecher: Die Instrumentierung wurde vollständig analog eingespielt und klingt angenehm warm und menschlich. Negativ: Die Arrangements, das Gerappe, die Lyrics. Ihre Bemühungen, entspannt zu klingen, machen Arrested Development gleichgültig wie eine Überdosis Valium. Hier ein gefühlsduseliges Frauengekreische bei „Let Your Voice Be Heard“, dort stumpfes Tanzflächengeballer bei „We Rad We Doin' It“. „Haters“ ist so Rock 'n' Roll wie Mcfly. Die Texte besingen soziale Ungerechtigkeit, Friedensbestrebungen und die Verbrüderung aller Menschen. Gähn. Und plötzlich verwundert es nicht, dass gerade eine blutjunge HipHop-Crew aus Los Angeles mit gehörig Wut im Bauch die Rapwelt auf den Kopf stellt.
Das wirklich Ärgerliche an dieser Veröffentlichung ist, dass einem hier eine Mogelpackung angedreht wird. Arrested Development sind eine Band, die in ihrem Appelierungsdrang eigentlich die Deepness eines Talib Kweli oder Mos Def besitzen wollen, dabei allerdings nicht mal das Niveau von „Where Is The Love?“ der Black Eyed Peas erreichen. Diese Platte ist gleich 13 mal „Heal The World“ ohne jegliche Hymnenhaftigkeit. „Strong“ ist ekelerregend in seinen Bestrebungen, Brücken zu errichten. Und so veredelt dieses Werk wohl auch die nächste Yogi-Tee-Sitzung und räucherstäbchengetränkte Coelho-Lektüre. Bloß achtgeben, dass man sich vor lauter Schulterklopfen nichts auskugelt.
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