Rezension

Alligatoah

Musik Ist Keine Lösung


Highlights: Lass Liegen // Denk An Die Kinder // Teamgeist // Du Bist Schön
Genre: Rap
Sounds Like: Trailerpark // K.I.Z. // Die Orsons

VÖ: 27.11.2015

Subtile Ironie: DIE Stärke von Alligatoah.

So – war das jetzt ernst gemeint oder nicht? Ist schon schwierig, wenn man Ironie so verpackt, dass man sich fragt, ob sie jetzt eben solche ist. Das hat nicht nur dann etwas mit Alligatoah zu tun, wenn gefühlt jeder unter 16 und über 40 „Willst Du“ als Drogenpropaganda verteufelt. Dieser Gedanke zieht sich fast durch das komplette Werk eines Rappers, der den Begriff tongue-in-cheek quasi so sehr in seine Texte integriert hat, dass man sich fragt, wie er mit soviel Zunge in der Wange überhaupt noch ohne zu nuscheln sprechsingen kann. „Musik Ist Keine Lösung“ ist da nicht nur keine Lösung, sondern auch keine Ausnahme – viel mehr ein selbst aufgestellter Stolperstein.

Das Problem sind da nicht Songs wie der offensichtliche Anti-Konsumwahn-Track „Lass Liegen“, der höchstens jüngere Sekundarschüler zum vermehrten Herummüllen verleiten wird – sondern viel mehr, dass man automatisch die Stirn runzelt, wenn der Niedersachse im abschließenden Titeltrack dann mal seinen Protestsongprotest genauso meint, wie er ihn meint. Dass er das Thema in „Denk An Die Kinder“ an ganz anderer Stelle auf dem Album zuvor noch in altbewährter Manier abfrühstückt, entschärft das Problem genauso wenig wie der Umstand, dass auch „Musik Ist Keine Lösung“ natürlich ein Protestsong und damit genauso als der im Song besungene Mitgröhlstoff für die betrunkene Festivalmeute dienen sollte – da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. Dass Alligatoah auf seinem vierten Album nicht wirklich geschmackssicher bleibt, wenn „Comeback Des Jahres“ von der Unbesiegbarkeit der Krankheit Krebs handelt, ist noch ein ganz anderes Problem.

Und das ist schade, denn eigentlich bestätigt „Musik Ist Keine Lösung“ wieder voll und ganz, warum Alligatoah in den letzten Jahren zu einem der erfolgreichsten deutschen Rapper geworden ist, denn Eingängigkeit und Hitpotenzial, Wortwitz und Humor strahlen auch hier wieder aus den allermeisten Tracks: Die Refrains von „Du Bist Schön“ oder „Mama, Kannst Du Mich Abholen“ sind schon jetzt beinahe viral geworden, die vollkommen absurden Wir-gegen-die-Thematiken aus „Teamgeist“ einer der kreativsten Pediga-Kommentare des Jahres und so polysyllabische (wenn auch unreine) Reime, wie der Langener schafft, bekommt auch 2015 deutschlandweit keiner hin. Da verzeiht man auch schon mal, dass „Doktor Spielen“ oder der Refrain von „Hab Ich Recht“ eigentlich nur nerven – das Problem der Ironie bleibt. Alles in allem muss man aber sagen: Glückwunsch zu deinem vierten Album, Alli, jetzt echt. Na – war das jetzt ironisch?

Jan Martens

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