Rezension

Disarstar

Kontraste


Highlights: Kaleidoskop (feat. Hagen Stoll) // 100 Jahre // Nahdistanz
Genre: Deutsch-Rap
Sounds Like: Kontra K // Nate 57 // Zugezogen Maskulin

VÖ: 26.06.2015

Mit 20 Jahren haben die meisten noch Flausen im Kopf. Nicht so der Hamburger Rapper Disarstar, der in seinem jungen Alter mit seinem Debütalbum „Kontraste“ eine beeindruckende Platte abgeliefert hat. Wer ihn dabei allerdings auf sein Alter beschränkt, der macht einen Fehler. Denn „Kontraste“ funktioniert auch abseits der Jahrgangs-Schublade als reflektiertes Bild eines jungen Mannes, der sehr genau weiß, wie er Dinge sieht und wo er mit ihnen hin will.

Ob nun durch die Hansestadt oder einfach sein direktes Umfeld geprägt, Disarstar hat für einen Deutsch-Rapper eine überraschend deutliche politische Position. In Videos posiert er neben Antifa-Flagge und äußert sich in Interviews antikapitalistisch. Allein deswegen ist er in der Fake-it-till-you-make-it-Szene eine Ausnahmeerscheinung. Dazu kommen handwerkliche beziehungsweise technische Fähigkeiten, die im Genre nah an der Spitzengruppe dran sind. Da ist eine markante Stimme, ein druckvoller Flow und eine selbstbewusste Präsentation. Disarstar traut sich schon im Intro Double-Time-Abfahrten zu und schließt daran genauso präzises Storytelling an. Liebeslieder kann er auch („100 Jahre“), ohne dabei unnötig kitschig zu werden, bevor er wieder lässig zu einem reinen Representer-Track wechselt („Nahdistanz“).

Die Beats tragen ihn dabei die meiste Zeit solide, sind aber nicht herausragend genug, um richtig zu zünden. Im Unterbau ist also noch reichlich Luft nach oben, obwohl Disarstar sonst eigentlich genau weiß, was er tut und worauf er funktioniert. Auch die pure Fülle an Konzepten kann im ersten Moment etwas überwältigend sein und der schnelle Flow erfordert konstante Konzentration, um den Kern bei Songs wie beispielsweise „Capitis Deminutio Maxima“ erfassen zu können. Es sind also die kleinen Holprigkeiten, die bei „Kontraste“ zu Punktabzug führen. Wäre das Album ein Boxkämpfer, es würde selbstbewusst und motiviert nach vorne stürzen und mit seinem Überschwang in den ein oder anderen Konter fallen, der deftig reinhaut. Diese Fehler gilt es mit der Zeit abzustellen, denn Kraft und Technik sind mehr als vorhanden. Ein Triumph ist Disarstar in jedem Fall schon gelungen. Jetzt gilt es die nächste Runde vorzubereiten.

Arne Lehrke

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