Interview

Hila Ruach & Future Shock


Hila Ruach ist außerhalb von Israel noch nicht sonderlich bekannt – wünschenswert wäre es aber, denn Potential hat sie! Wir haben das erste nicht-hebräisch-sprachige Interview mit ihr und Future-Shock-Band-Kollege Adiel Goldman geführt. Die beiden hatten viel Spaß beim Herumspinnen über spirituelle Sitzungen, Begegnungen mit Jesus oder auch dem Erzählen vom Glück, auf der Bühne stehen zu können.

In Israel steht Hila Ruach (*1985) schon seit über zehn Jahren in diversen Formationen auf der Bühne. Vor drei Jahren brachte die Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Produzentin ihr Solo-Debüt "Rofa'a Bama'arav" heraus, es folgte nun das zweite Album "Advert Music". Auf ihrer Tour durch Deutschland ist Hila Ruach nicht allein unterwegs. Kosta Kaplan (Gitarre, Synthesizer), Ben Avgay (Gitarre, Synthesizer) und Adiel Goldman (Schlagzeug) nennen sich als Band gemeinsam mit Hila Ruach (Gesang, Bass) "Future Shock". In Israel sind außerdem noch Yonatan Levital (Bass) und Jonathan Lasman (Trompete) mit dabei.

Die erste Interviewfrage für Hila Ruach und Adiel Goldman (der auch bei der Band Bucharest spielt) kommt von einer Kollegin aus Tel Aviv, Noga Erez: "Beschreibe die eine Sache, bei der du weißt, dass du glücklich bist. Was hat dich dazu gebracht und was erinnert dich daran, dass du tatsächlich glücklich bist?". "Alleine, dass wir in Deutschland auf Tour sein können, macht mich glücklich", sagt Hila. "Generell auf der Bühne stehen zu können, ist eins der größten Geschenke in meinem Leben. Wenn ich auf der Bühne bin, drücke ich einen Knopf in meiner Seele und dann funktioniert alles!" "Ja, das Gefühl habe ich auch!", sagt Adiel begeistert. "Ich gehe auf die Bühne und fühle mich, als ob alles, was vorher war, egal ist! Ich bin dann ganz im Hier und Jetzt!" – "Und es ist die beste Möglichkeit, ohne betrunken zu sein jede Menge Spaß zu haben", ergänzt Hila und lacht.


Foto-Credit: Lukas Haese

Auch das Publikum hat Spaß. Obwohl Hila ihre Texte, bis auf wenige Ausnahmen, auf Hebräisch singt, ist das für Personen, die die Sprache nicht verstehen, kein Problem. Hila und Future Shock strahlen aus, um was es geht – mal sind es melancholische, mal wütende, mal fröhliche Inhalte – und durch die poppige Attitüde kann an einigen Stellen zumindest, wenn schon nicht mitgesungen, doch mitgesummt werden.

Doch worüber singt Hila eigentlich? "Seit ich ein kleines Mädchen bin, schreibe ich Texte und Gedichte. Es geht vor allem um die Menschen in meiner Umgebung und um mich. Ich schreibe immer mit Humor und Selbstironie und nutze dabei Alltagssprache, aber in poetischer, verschachtelter Art". In einem Song geht es auf sarkastische Art und Weise um den israelischen Premierminister. Er kommt dabei nicht besonders gut weg. "Wir müssen weiter hoffen, dass es irgendwann besser wird. Aber die politische Situation in Israel sieht ziemlich düster aus."

Amüsanter geht es in einem Song zu, in dem Hila über ihre Begegnung mit Jesus singt. "Jesus ist mir im Traum erschienen. Es war insgesamt ziemlich verrückt und er sah aus wie John Lennon. Zuerst einmal hat er mich gefragt, warum die Juden ihn ans Kreuz genagelt haben. Und ich konnte darauf nichts antworten außer: 'Es tut mir leid!' Und er sagte erleichtert: 'Okay! Dann lass uns eine Runde Spazierengehen.' Wir hatten Spaß und haben ganz gute Vereinbarungen getroffen." Jesus spielt neben Elvis und einem Grizzlybären auch die Hauptrolle im Kurzfilm "We Are Future Shock" von der in London lebenden, audiovisuellen Künstlerin Zohar Dvir. Die hat sich vom Album "Advert Music" inspirieren lassen und in enger Zusammenarbeit mit Hila den Kurzfilm gestaltet. Generell ist das Videomaterial von Hila Ruach spannend anzusehen. In einigen Videos wird zum Beispiel mit Geschlechterrollen gespielt. "Ich frage für die Videos Leute, die ich vorher schon kenne. Leute mit großartigen, verrückten Geschichten." Im Video zu "Royal Family" ist neben Hila und einem Tiger auch Alona zu sehen. "Bei einer unserer größten Shows in Israel kam Alona ohne Ankündigung auf die Bühne. Sie hatte ein Kostüm an, mit einem blutenden Herzen und einem Messer darin und legte eine wilde Performance hin. Ich habe das Gesicht meines Vaters oben auf dem Rang gesehen – er war schockiert! Er ist 80 Jahre alt, ich bin sein jüngstes Kind. Aber ich fand es überragend, Alonas Auftritt war der Hammer!", erzählt Hila nachhaltig begeistert.


Foto-Credit: Lukas Haese

In einem Songteaser spielt die Band Ouija Board. Dabei haben sie es in Wirklichkeit noch nie richtig ausprobiert, wollen das aber bald nachholen. Als Frage für die nächste zu interviewende Person schreiben sie auf: "Wenn du eine spirituelle Sitzung machen würdest, welche verstorbene Person würdest du zurück ins Leben rufen und welches Instrument würde die Person in deiner Band spielen?" Und wen würden Hila und Adiel ins Leben zurück holen? Nach einiger Überlegung entscheiden sich die beiden für Johann Sebastian Bach an den Synthesizern, denn der ist der größte Musiker für Hila.


Foto-Credit: Lukas Haese

Auf dem Weg zwischen den Auftrittsorten unterhält Hila die Band im Tourbus mit Musik. Dann läuft nicht Bach, sondern gerne Mal drei Stunden am Stück nur Madonna. Ansonsten ist Hila aber auch von anderer Musik inspiriert. Für The Columbus machte sie ein Mixtape, auf das sie unter anderem Sonic Youth, Nirvana oder auch David Bowie gepackt hat. Und wenn Hila einen Song zu einer bestimmten Farbe aussuchen müsste, würde sie sich für "Candy Says" von Velvet Underground entscheiden – der Song ist für sie pures, undurchdringliches Weiß. Vom musikalischen Stil her würde Hila Ruach gefühlt ganz gut in die L.A.-Szene rund um Ariel Pink, Soko und Co passen. "Ich mag die beiden! Bei Soko mag ich den Instagram-Account noch lieber als die Musik!", erzählt Hila und lacht. Sie könnte sich auch gut vorstellen mit ihnen in einer Szene aktiv zu sein, aber wo anders hinziehen, das kommt für Hila nicht in Frage. "Das geht nicht, dafür mag ich meine Eltern zu sehr und möchte in deren Nähe bleiben", erzählt sie. Zum Glück kann sie sich aber für den Zeitraum einer Tour in die weite Welt begeben. Hoffentlich bald wieder!

Marlena Julia Dorniak

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