Interview

Chikinki


Hannover schwitzt an diesem Dienstagnachmittag, ich auch. Aber im Gegensatz zum Rest der Stadt bin ich vom Fußball nur genervt. Chikinki nicht. Euphorisch spielen sie im Backstageraum der Indiego-Glocksee Tischfußball, allerdings ist es hier auch nicht ganz so heiß. Trotzdem entführe ich Sänger Rupert für eine Weile zurück in die Hitze des Innenhofes des Clubs. Immerhin ist es hier ruhig, abgesehen von einem Hund, der uns allzu aufdringlich auffordert ihm Stöckchen zu werfen. Aus diesem Grund bekomme ich von Rupert während des Interviews auch nur die halbe Aufmerksamkeit.

Ihr habt im September schon mal hier gespielt, erinnerst du dich noch?

Rupert: Ja, auch wenn wir ziemlich betrunken waren. Es war sehr spaßig.

Allerdings unten im Café, was ich eigentlich lieber mag, weil es kleiner und gemütlicher ist.

Rupert: Ich fürchte auch, dass heute nicht viele Leute da sein werden, wegen des Wetters.

Und wegen des Fußballs. Der geht mir auf die Nerven.

Rupert: grinst

Die Deutschen sagen, Hannover sei die hässlichste Stadt Deutschlands.

Rupert: Wirklich? Ich habe nichts von der Stadt gesehen, aber einer aus unserer Band hat eine Zeit lang hier gelebt.

Euer altes Album "Experience With A Mother" ist gerade re-releast worden. Wie ist es, die alten Songs wieder zu spielen?

Rupert: Wir promoten das Album nicht wirklich, da sind einige Songs, die wir immer noch spielen, aber der Fokus liegt immer noch auf "Lick Your Ticket". Wenn ich die alten Songs höre, habe ich manchmal das Gefühl, dass sei eine andere Band. Wir haben damals das ganze Zeug Zuhause aufgenommen und sind jetzt viel lebendiger.

Es gibt immer Leute, die den Bands vorwerfen, dies nur wegen des Geldes zu tun. War das auch euer Antrieb?

Rupert: Ja. lacht Wir haben eine Weile nichts mehr veröffentlicht und wollten den Fans etwas Anderes bieten. Es liegt eine sehr lange Zeit zwischen dem letzten Album und dem neuen, deshalb haben wir "Experiment With A Mother" releast.

Ihr habt außerdem eine B-Seiten Sammlung veröffentlicht, "The Ballon Party".

Rupert: Ja, vielleicht bringen wir sie als Set mit "Lick Your Ticket" heraus. Oder gleich alle drei CDs zusammen. Das wäre cool.

Und wie sieht es mit einem neuen Album aus?

Rupert: Wir haben ein neues Album aufgenommen. Hoffentlich kommt es im Januar raus. "You Said" ist die erste Single.

Der Song ist super, ich habe ihn schon bei Myspace gehört. Diese Seite ist wirklich der neueste heiße Scheiß.

Rupert: Ja, es ist toll, weil du einfach jeden Song draufpacken kannst, den du willst und jeder, der die Seite öffnet ihn sich automatisch erstmal anhört. Momentan sind auch noch ein paar Live-Versionen von neuen Songs oben.

Kurze Unterberechung zum Stöckchen werfen

Das Album ist fertig und ich bin sehr stolz darauf. "You Said" ist ziemlich gut, es klingt sehr anders als das letzte Album.

Ihr seid viel mehr in Deutschland auf Tour als andere Bands.

Rupert: Das ist wegen der Frau dort drüben. (deutet auf die Tourmanagerin) Die Kitty-go-Connection.

Im Sommer stehen bei euch jetzt auch einige Festivals an. Spielt ihr lieber draußen oder im Club?

Rupert: Ich ziehe auf jeden Fall Clubs vor. Allerdings bietet es sich bei solchem Wetter an, draußen zu spielen, alles andere macht eigentlich keinen Sinn. Die Atmosphäre im Club ist natürlich viel intimer.

Für kleine Bands ist es allerdings eine Chance, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Rupert: Trotzdem mag ich Festivals nicht besonders. Der Sound ist nie so toll, außerdem ist das Publikum nie so aufmerksam. Man schlendert immer rum und schaut sich mal hier eine und mal da eine Band an. Am Ende hat keiner mehr Lust zu tanzen, weil alle müde sind.

Euer Sound ist eine sehr spezielle Mischung aus Rock und Electro. Fühlt ihr euch eher als Rockband?

Rupert: Ja, auf jeden Fall. Wir schreiben unsere Songs wie eine Rockband und spielen sie auch so. Alles, was wir im Studio aufnehmen, ist auch auf der Bühne umsetzbar. Das ist sehr wichtig.

Franz Ferdinand haben mal gesagt, dass sie Musik machen, um Mädchen zum Tanzen zu bringen. Ist das einer der Gründe, weshalb ihr Musik macht?

Rupert: (verzieht das Gesicht) Bestimmt nicht. Natürlich ist es super, wenn die Leute tanzen, aber das ist nicht der Grund, warum wir Musik machen. Ich will die Leute auf einer anderen Ebene berühren. Weißt du, so, dass sie vor der Bühne stehen und dieses besondere Strahlen in den Augen haben. Sie sollen nicht die Arme vor der Brust verschränken, aber sie müssen sich auch nicht bewegen. (später beim Konzert tanze ich trotzdem, aus Protest)

Glaubst du, dass ihr wegen des momentanen England-Hypes mehr Aufmerksamkeit bekommt?

Rupert: Ich hoffe nicht. Ich will, dass die Leute uns der Musik wegen hören und nicht, weil wir gerade in Mode sind. Das wäre schlimm. Viele der Bands werden bald wieder verschwinden, aber wir wollen bleiben.

Trotzdem ist es krass, was da gerade teilweise abgeht, vor allem mit den Arctic Monkeys.

Rupert: Ja, das ist schon ein unglaubliches Phänomen. Die Arctic Monkeys sind allerdings sehr auf Sheffield fixiert, vor allem was die Lyrics betrifft. Wir versuchen universellere Texte zu schreiben, die jeder versteht, die sich ums tägliche Leben drehen. Die Leute sollen sich immer angesprochen fühlen.

(Ich verkneife mir an dieser Stelle einen Kommentar zur Sexlastigkeit von Ruperts Lyrics)

Oh, das Spiel fängt an, willst du Fußball gucken?

Rupert: Das wäre super.

Wir gehen zurück nach oben, und Rupert verschwindet gleich darauf vor den Fernseher. Das Konzert am Abend findet wegen des Spiels Brasilien - Kroatien auch erst reichlich spät statt...

Lisa Krichel

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