Festival-Nachbericht

Way Back When 2017


Beim 4. Way Back When Festival hatte nicht nur der Herbst seinen ersten richtigen Auftritt, sondern auch zahlreiche namhafte Künstler und Bands, die in den vergangenen Monaten so richtig durchgestartet sind. Für das absolute Highlight sorgten aber die Altmeister.

Machen wir uns nichts vor: Dortmund ist nicht gerade die schönste Stadt. Schon gar nicht, wenn unmittelbar vor dem Festival noch Helene Fischer zu Besuch war. Doch da gibt es ja auch noch die Borussia. Und das Way Back When Festival. Drei Tage geschmackssicheres Line-up heißt das für den Pott. In vier unterschiedlichen Locations der Stadt. Eine davon ist die wunderschöne Pauluskirche und natürlich bieten sich da die Auftritte von ruhigeren Acts in dem intimen Rahmen ganz besonders an. Den Anfang macht der Kölner Songwriter Hello Piedpiper. Mit seinem neuen Album "The Raucous Tide" im Gepäck begeistert er nicht nur an der Gitarre und am Piano, sondern auch mit seinen Loop-Künsten. Seine Band war dieses Mal nicht dabei. Hat man kaum gemerkt.

Das glatte Gegenprogramm folgt dann in der großen Location, dem FZW. In der Halle tauchen mit Client Liaison echte Paradiesvögel auf. Das Trio bedient sich nicht nur den größten modischen Verbrechen der 70er und 80er Jahre, sondern auch verdammt groovigem Disco. Keine Frage, hier bleiben keine Füße still. Eine kurze Tanzpause gibt es dann bei den sehr melodiösen Fazerdaze im FZW Club, bevor J. Bernardt auf der großen Bühne wieder die Beats auspackt. In der neuesten Location, dem View im siebten Stock des Dortmunder U, gibt derweil Kim Janssen sein Bestes. Man muss es deshalb so ausdrücken, denn in der Schickimicki-Atmosphäre des Clubs wirkt das Ganze ziemlich deplatziert, vom schlechten Sound ganz zu schweigen. Doch die Festivalbesucher werden schnell wieder versöhnt, denn schließlich folgt das Highlight des Abends beziehungsweise des Festivals. Ja, was soll man zu den Livequalitäten von Slowdive noch sagen? Es ist halt ganz einfach die wahrscheinlich packendste Band, die man momentan auf Konzerten sehen kann. Dortmund bildet da keine Ausnahme. Ein unfassbar dichter Sound, dazu mehr Gänsehautmomente, als man fast ertragen kann. Zum Sterben schön und irgendwie (immer) viel zu schnell vorüber. Einen besseren Abschluss des ersten Festivaltages kann man sich aber kaum wünschen.

Ja, was soll da noch am nächsten Tag kommen? Zum Beispiel Loney Dear, der in der Pauluskirche zusammen mit einem Bandkollegen ein sehr elektronisches Set spielt. Für ihn ungewöhnlich, aber gerade deshalb spannend! Die Warbly Jets hingegen haben im View mit den selben Problemen wie Janssen am Vortag zu kämpfen. Zu schade, schließlich klingt die rotzige Version des BRMC trotz des Soundbreis sehr vielversprechend. Absolut auf den Punkt ist der Klang bei The Districts, die einen wirklich mitreißenden Auftritt hinlegen und beweisen, dass Indierock wohl doch noch nicht so tot ist wie gedacht. So würden The Killers klingen, wenn die nicht bis zum Hals im Pathos versumpft wären. Noch mal schönen Indiepop von Waxahatchee mit ihrer All-Girl-Band gibt es dann im kleinen FZW Club, bevor Portugal. The Man in der Halle ein richtiges Feuerwerk abbrennen. Was klingt, wie ein einziger Megamix aus so ziemlich allen musikalischen Stilen, die man sich vorstellen kann, entpuppt sich bei genauerem Hinhören als verdammt clever arrangierte Popsongs. Die Band aus Alaska zieht damit die mit Abstand meisten Zuschauer des Wochenendes. Eine undankbare Aufgabe für Astronautalis für den Abschluss des zweiten Tages zu sorgen? Ganz und gar nicht! Das Ein-Mann-Hip-Hop-Projekt gibt den Alleinunterhalter und lässt sich selbst von ausgefallener Technik nicht stoppen. Am Ende tanzen alle wie verrückt und mittendrin der Mann aus Florida. Großartig.

Den Auftakt in den Sonntag geben die Newcomer von Island. Solider Indie kann man sagen, aber irgendwie fehlt da was. Im Gegensatz zu Gurr. Die Mädels plus Drummer schrammeln drauf los, dass es eine Freude ist. Und trotzdem kommt der Pop nicht zu kurz. Können bitte mehr deutsche Bands so klingen? Drangsal liefert währenddessen auf der Hauptbühne eine routinierte Show ab, die insbesondere vom Fanclub in der ersten Reihe lautstark gefeiert wird. Außer Rand und Band ist auch das Publikum beim Wiener Original Voodoo Jürgens. Was für ein Typ. Man möchte sofort wienerisch lernen. Mit Leoniden und Roosevelt beenden dann zwei der erfolgreichsten Newcomer des Jahres das Festival. Auch wenn der große Name bereits am ersten Tag gespielt und entsprechend abgeliefert hat, war das Way Back When erneut eine tolle Option, um die Festival-Saison zu beenden. Dafür kann man ruhig auch mal nach Dortmund fahren, ohne schwarz-gelb zu tragen.

Weitere Fotos gibt es in unserem Fotoalbum bei Facebook.

Benjamin Köhler

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