Festival-Nachbericht

Vainstream Rockfest 2012


Am 9. Juni fand in Münster das Vainstream Rockfest statt. Dabei ging's mit Slayer, Refused, The Gaslight Anthem und 19 weiteren Bands ziemlich heftig zu. Wir haben uns für euch in den Pogo gewagt.

Zugegeben: Die Startzeit ist sportlich. Your Demise eröffnen das sechste Vainstream Festival um 10 Uhr morgens. Wer noch anreisen musste, durfte also so richtig früh raus. Doch am Einlass geht's gleich mit Erfreulichem los. Die obligatorische Schlange vor dem Bändchenstand hat sich verkrochen – Gäste kommen, greifen direkt ihr grünes Bändchen und sind einen netten, blöden Spruch der gut gelaunten Kontrolleure später auch schon drin. Effiziente Organisation: check.

Natürlich gibt's direkt voll auf den Sack. Evergreen Terrace glänzen mit starkem Gesang und drückenden Blastbeats. Metalcore der unbiederen Sorte. Gojira danach machen's der Meute mit ihrem Prog-Metal dann doch deutlich schwerer: Sehr verkopft, sehr technisch, aber ordentlich gerät es, was die Franzosen da mit etwas dünnem Sound durch die Boxen wuppen. Direkt danach geht's fix rüber zur anderen Bühne. Was geht, weil die Bühnen beim Vainstream parallel zueinander stehen. Wer also erstmal vorne ist, kann bequem hin und her pendeln.

Smoke Blow hinterlassen dann als erste richtig Eindruck. Stoner, Punk, Hardcore, Metal durch den Fleischwolf – Hauptsache Blutgrätsche. Da merkt so mancher Besucher, dass der Boden beim Münsteraner Festival eben nicht Acker, sondern Asphalt ist. Jack Letten, Sänger Eins, ist gewohnt bewegungswütig, Kollege MC Straßenköter hängt an Krücken. Schade – aber für die Show nicht schlimm, bellen beide doch trotzdem herrlich asige Vocals in die Mikros. Noch bessere Laune haben da nur noch die Mad Caddies, deren sonniger Ska-Punk immer wieder frisch und fröhlich klingt. Mal poltern sie, mal grooven sie – mit Klassikern wie "State Of Mind" ein Höhepunkt des Vainstream 2012.

August Burns Red brillieren dann mit breaklastigem Brachialo-Metalcore. Auf den Punkt gespielt und gnadenlos hart. Witzig dabei, dass die Band zudem aussieht wie eine Tüte Gummibärchen. Ganz im Gegensatz zum üblichen Vainstream-Gast – hier herrschen Schwarz, Weiß und Grau. Einzige Enttäuschung des Festivals sind dann Enter Shikari: der irre Trance-Core der Briten säuft im matschigen Soundsumpf ab. Generell: Klangtechnisch wäre hier bei mancher Band noch mehr gegangen. Bei Caliban sind die Soundprobleme später sogar noch fataler. Meist hat's aber hingehauen – wie bei Mastodon, dessen verzwirbelter Metal selbst bei der Konkurrenz Schwindeltraumata auslöst. Komisch nur, dass die Band ihr viertes Werk "Crack The Skye" komplett umschifft. Der Fokus liegt auf "The Hunter", ein paar alte Perlen garnieren ein extrem rundes, spielfreudiges Set.

Was folgt, ist der streitbarste Auftritt: K.I.Z. Die Berliner Rapper beleidigen das Publikum und sich selbst, verarschen, was ihnen unter die Augen kommt und sind völlig vulgär. "Ich schäme mich ein bisschen dafür, aber ich find' die total geil", lässt ein Hardcore-Kid in der Menge seinen Kumpel wissen. Wie recht er doch hat. Mit den Broilers gibt's dann Konsensfähiges – dem festivaleigenen Kameramann hat's vor allem Bassistin Ines angetan, auf der Videoleinwand spielt die Gute die Hauptrolle.

Dann kommen die großen Drei. Erst Refused. Zweifel darüber, ob das alte Feuer in den Schweden noch lodert, zerstreut ein hochaggressives Set. Und, mein lieber Scholli, was rastet dieser Mob mit aus! Denn er bekommt, was er will – jede Menge von "The Shape Of Punk To Come" – auch 14 Jahre nach Auflösung immer noch ganz ganz groß. The Gaslight Anthem danach brillieren mit Spielfreude und feuchten etliche Augenpaare. Gerade auch neue Songs wie "'45" zünden, das Festivalvolk frisst Fronter Brian Fallon jede Zeile aus der Hand. Abgekämpft geht's zu Slayer. Ist Kult, muss man mögen. Aber völlig ohne Flachs: Was sind die geil! Mit perfektem Sound formen die Thrash-Metaller per schwerer Mid-Tempo-Brecher und tollwütiger Raser aus jedem Gast eine Mosh-Maschine. Seit 1981 sind sie eine Bank – ändern wird sich das nicht. Nie.

Bis auf den Sound-Ärger ging beim Vainstream alles glatt. Dem Line-Up aus üblichen Verdächtigen, jungen Wilden und großen Unbekannten sei Dank. 10.000 Besucher kamen. Übrigens: Deutschlands EM-Eröffnungspartie gegen Portugal sahen trotz Übertragung auf dem Gelände die wenigsten. Gibt's mitten in der EM-Euphorie ein besseres Qualitätszeugnis?

Gordon Barnard

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