Festival-Nachbericht

Omas Teich Festival


Neulich, da war Fußball-WM. Zwischen Public Viewing und Vuvuzuelas doch auch immer wieder ein Persilschein dafür, mal wieder den Patrioten raushängen zu lassen. Flagenmeere, Hupkonzerte, allgegenwärtige Euphorie – super. Aber: Um richtig stolz aufs Land der Dichter und Denker zu sein, bedarf es gar nicht mal des wohl größten Sportevents der Welt. Denn jeden Sommer zeigt sich unsere nationale Musikszene in all ihrer farbenfrohen Pracht auf so manchem Kleinfestival, allesamt mit Kumpelstimmung. Eine Instanz hier: das ostfriesische Omas Teich.

Was an deutschen Bands in Großefehn das Line-Up ziert, reicht von Geheimtipp bis zum allseits bekannten Schwergewicht. Und schickt in seiner Vielfalt so manche Mundwinkel gen Himmel. Ebenso wie das neue Gelände, einst eine Baumschule: Kaum das Zelt auf einer der schönen wie weiten Rasenflächen aufgebaut, ist das letztes Jahr vom Wettergott in irgendetwas zwischen Großbiotop und Endzeitsumpf verwandelte Festivalgelände im Handumdrehen vergessen. Und eine Zeltbühne gibt’s als Novum dieses Jahr noch obendrauf. Na, dann mal los:

Bereits zum Auftakt des Freitags rumsbumst es mit Frittenbude auf der Bühne von Omas neuer Heimat. Was sich während Indierave-Fetenhits wie „Hildegard“ dann noch nicht an Energie im Publikum entladen hat, wird im Folgenden von Biffy Clyro angezapft, die der Meute gleich zu Beginn mit „That Golden Rule“ und „Living Is A Problem Because Everything Dies“ schon zwei ihrer kraftvollsten Bretter um die Ohren hauen. Ähnliche Kaliber haben Hellsongs im Zelt dann trotz ihrer Ankündigung, die böseste Band Schwedens zu sein, zwar nicht in petto, dafür aber einen extra Schuss Bärchenfaktor – ebenso wie Nada Surf, die mittlerweile schon ein beachtliches Greatest-Hits-Set zusammenschrauben können. In dieser Hinsicht werden sie wohl nur noch von Kettcar übertroffen, die erschreckenderweise immer noch von Auftritt zu Auftritt besser werden und sich nach Omas Teich von Drummer Frank verabschieden mussten.

Schon früh am Samstag pflügen dann Dioramic aus Kaiserslautern einen Graben zwischen den Äckern des Prog, Metal und Hardcore – er tut gut, dieser Tritt in den Hintern kurz nach dem Aufstehen. Trip Fontaine geht im Anschluss ebenfalls nicht die Puste aus. Im Gegenteil. Der Post-Core des deutschen Quartetts drängt mal so zuckend, mal so gewaltig aufs Publikum, dass am Schluss beide Seiten nach einer Extrarunde lechzen. Währenddessen auf der Hauptbühne: die einwandfrei bekloppten Antitainment. Oh je. Als würden da gerade Horse The Band von den Goldenen Zitronen geehelicht. Danach wird’s zutraulicher. Mit The Busters und Friska Viljor schalteten die Weichen auf Partykurs – welche Band da wohl für den größeren Thekenumsatz sorgte?

Die zweiten Headliner Fettes Brot überzeugten mit Band und Bläsern – so kann altes Material doch wieder frisch klingen. Schweißtreibender ging es aber – wieder mal – im Zelt zu. Der Grund: die Mediengruppe Telekommander. Bei aller Schelte für die letzte Platte – live tanzt da jede Oma Pogo. Stunden später, nach dem Bühnenprogramm sind im Zelt immer noch nicht die Lichter aus. Bis in die Puppen, wie sich das gehört. 2010 also alles super für unsere liebste Oma. Das klare Motto: Deutschland, deine Bands! Und jetzt keine falsche Bescheidenheit und schön raus mit der vor Stolz geschwollenen Brust. Wer braucht dafür schon Fussball?

Gordon Barnard, Jan Martens

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