Rezension

Ariel Pink's Haunted Graffiti

Mature Themes


Highlights: Mature Themes // Only In My Dreams // Live It Up
Genre: Pop // Psychedelic
Sounds Like: Ganglians // Tame Impala // Roxy Music // David Bowie // The Flaming Lips // Animal Collective // Dirty Projectors

VÖ: 17.08.2012

Der Abgedrehte ist wieder da – nachdem Ariel Pink quasi jahrzehntelang nur an Eingeweihte aus dem eigenen Wohnzimmer heraus veröffentlicht hatte, nun schon zum zweiten Mal binnen zwei Jahren mit einem "richtigen" Studioalbum. Wobei "Before Today" anno 2010 gewaltig polarisierte: Zwar landete die Scheibe in unseren Top 10, jedoch konnte beispielsweise der Autor dieser Rezension, obwohl der Musikrichtung normalerweise durchaus zugetan, damals überhaupt nichts mit dem Lo-Fi-Weirdopop anfangen. Ob Ariel Pink mit seinem neuesten Werk "Mature Themes" diesmal ein breiteres Publikum ansprechen kann?

Vieles spricht dafür. Beispielsweise ist die Produktion nicht mehr so unangenehm gedämpft, als hätte man den Treble-Regler voll runtergedreht und dazu noch einen Mantel über die Boxen gelegt. Trotzdem ist der Lo-Fi-Anteil immer noch hoch genug, um die altgedienten Anhänger bei der Stange zu halten. Eine Hochglanzproduktion stünde dem schlampigen Genie, das sich nicht damit aufhält, seine zahlreichen Ideen in ein Konzept zu zwängen, auch wirklich nicht gut zu Gesicht. Wenn er nur will, kann Ariel Pink spielend leicht ein Best Of sämtlicher Melodien aus den 60ern und 70ern aus dem Ärmel schütteln – "Mature Themes" und "Only In My Dreams" gehören sicherlich zu den besten Popsongs, die dieses Jahr überhaupt veröffentlicht wurden. Doch etwa das minimalistische, verhallte Gewaber "Nostradamus And Me" zeigt, dass er sich genauso mit der Dekonstruktuion von Musik beschäftigt – auch wenn das repetitive Stück sehr schnell langweilig wird.

Wiederholungen sind ein gutes Stichwort, denn sie sind eines der bevorzugten Stilmittel von Ariel Pink. Gleich mehrere Songs (z.B. "Kinski Assassin" und "Driftwood") bauen auf einem einzigen Basslauf auf (in ersterem Fall mit Doors-Orgel überspielt) und bekommen irgendwie trotzdem das Kunststück fertig, nicht zu nerven. Ganz anders "Schnitzel Boogie", bei dem man sich lieber peinlich berührt die Ohren zuhält oder die Skip-Taste betätigt. Die Titel verraten schon, dass auch die Lyrics eher ausgefallener Natur sind, um es vorsichtig auszudrücken. Nymphomaninnen in der Disco und pinker Schleim sind nur zwei von verschiedenen Themen, die in den Songs abgehandelt werden. In der Summe ist "Mature Themes", obwohl es auch ein paar nervtötende Momente hat, ein sehr unterhaltsames und euphorisches Album geworden. Ariel Pink scheint den richtigen Kompromiss zwischen Experimentierfreude und Zugänglichkeit gefunden zu haben.

Johannes Neuhauser