Konzertbericht

Wakey! Wakey!


"Ich bin kein Kämpfer. Ich bin vorrangig ein Charmeur." Selbsteinschätzung – Note 1. Denn wenn Michael Grubbs, Hirn und Herz hinter Wakey! Wakey! etwas ist, dann: charmant. Und dazu eine ziemliche Laberbacke.

Zumindest ersteres ist Rosie Golan, der Support des Abends, auch – jedoch mehr im Sinne von "nett", mit allen Konnotationen des Wortes. Sprich: Man wünscht der jungen Dame und ihrer zierlichen, irgendwie schon x-mal gehörten Kombination aus zartem Gesang und zerbrechlichen Gitarrenakkorden schon irgendwie alles Gute – aber besonders interessieren mag man sich dafür auch nicht. Insbesondere nicht, wenn man der besten Freundin noch soviel zu erzählen hat – was auf einen Großteil des überwiegend jungen und weiblichen Publikums zuzutreffen schien.

Denn eigentlich werden die metaphorischen Herzchensmileys ja für Wakey! Wakey! aufgespart – der aber auch alles dafür tut, um sie sich zu verdienen. Fällt bereits auf dem Album "Almost Everything I Wished I'd Said..." die Häufung von Zeilen wie you're so beautiful oder so you look so good auf, gibt Grubbs weiterhin mehrmals stolz seinen einzigen deutschsprachigen Anmachspruch zum Besten: "Ich und du, ja?" Auch was norddeutsche Begrüßungsformeln angeht, stellt der Brooklyner seine neu erworbene Expertise unter Beweis – und verwurstet sein knuffiges "Moin, moin" in einem spontan komponierten Death-Metal-Song.

Doch ist ein Konzert im Endeffekt natürlich nur so sympathisch wie die eigentlichen Songs zwischen den Ansagen – und hier lassen sich Wakey! Wakey! fast 90 Minuten lang nicht lumpen. Mit "Take It Like A Man", "Dance So Good" und schließlich "Almost Everything" werden drei der schönsten Perlen des aktuellen Albums zwar für die Zugabe aufgespart, aber dass der Fokus auch ansonsten auf "Everything I Wished I'd Said..." liegt, ist verständlich und rechtfertigt sich bereits in den weitaus deutlicheren Publikumsreaktionen auf diese Songs als auf ältere Perlen wie "War Sweater" oder die nicht wenigen nagelneuen Stücke, die ebenso eingestreut werden. Merkwürdiges Highlight mittendrin: Eine – da mit schmachtender Stimme solo am Klavier vorgetragene – plötzlich sehr herzzerreißende Coverversion von Cyndi Laupers "Girls Just Wanna Have Fun". Den Eindruck trüben kann dann nicht einmal, wenn kurz darauf während eines Songs spontan das Schlagzeug zu Bruch geht. Der Kommentar dazu: "Das passiert während unserer Konzerte im Madison Square Garden nicht." Soweit natürlich noch ironisch und auch wahrscheinlich nicht wünschenswert – aber ein ausreichender Entertainer wäre Grubbs ganz bestimmt.

Jan Martens