Konzertbericht

Vampire Weekend


Das Rätsel, wer die junge, anscheinend den 80ern entsprungene Frau ist, die das Cover von Vampire Weekends Zweitling „Contra“ ziert, scheint gelöst: Sie muss eine Art Werwolf oder – ja – Vampir sein. Darauf deuten zumindest die rot leuchtenden Augen hin, die das Backdrop dieser Dame verpasst bekommt, während die Band wie üblich mit „Walcott“ ihr Set beendet.

Aber mal von vorne. Platz 1 der Plattencharts in USA und Kanada, Platz 3 im UK, selbst im gerne geschmacksunsicheren Deutschland Platz 15 – mit „Contra“ sind die New Yorker endgültig durchgestartet, und man gönnt es ihnen. Aber musste es unbedingt das Docks sein, in das der Gig verschoben wurde? Die zwar gut belüftete, aber seelenlose Kleinraumdisco, die sich zudem nicht erdreistet, horrende Preise für eine der schlimmsten Bierplörren Hamburgs zu nehmen?

Egal: Eine Band wächst auch mit ihren Aufgaben. Zudem kann ein Gig sowieso nur gut werden, der sich zu einer derart merkwürdigen Vorband wie Fan Death in Relation setzen kann: 80er Dance Pop gemischt mit etwas Folklore und einer Sängerin, deren Ausdruckstanz irgendwo zwischen Aereobic-Kurs und Stewardess-Instruktionen schwankt. Gegen Ende erträglich, mit 45 Minuten jedoch zu langgezogen.

Wenige weitere Technoklänge gibt es jedoch, als Vampire Weekend mit eben so einem Intro ihren Auftritt eröffnen. Dieses geht unmittelbar in „White Sky“ über, gefolgt von „Holiday“ – man fragt sich spontan, welcher Teufel die Band geritten hat, gleich mit zwei so markanten Hits ihr Set zu eröffnen, um sich dann schnell zu erinnern: Wo die herkommen, gibt’s noch viel mehr und so haben auch Mitte und Ende des Sets mit Abfolgen von „Run“ und „A-Punk“ beziehungsweise „Campus“ und „Oxford Comma“ ähnliche Kracherdichte.

Dementsprechend darf man es Ezra Koenig auch verzeihen, wenn er auf jene Animierspielchen zurückgreift, die vor 1000+ Leuten spielenden Pop- oder Rockbands wohl in die Verträge gemeißelt sind: Der antwortende Chor bei „One (Blake's Got A New Face)“ ergibt bei solchen Menschenmassen erst richtig Sinn, und eventuell durch klischeehafte Nachfragen nach dem Befinden verspielte Sympathien werden durch herzhafte Scooter-Zitate („How much is the fish?“) sogleich wieder gewonnen. Das Publikum lässt sich dankbar belustigen – vielleicht kein Wunder bei einer Menschenmenge, die selbst die Akkorde (!) von „Cape Cod Kwassa Kwassa“ euphorisch mitsingt. Und wer weiß, vielleicht wird die Band auf der nächsten Tour ja noch größere Massen animieren müssen. Wenn der eventuelle Drittling so gut wie das Debüt und „Contra“ werden sollte, wird sich das kaum vermeiden lassen.

Setlist:

White Sky  
Holiday  
Cape Cod Kwassa Kwassa  
I Stand Corrected  
M79  
California English  
Cousins  
Taxi Cab  
Run  
A-Punk  
One (Blake's Got A New Face)  
Diplomat's Son  
Boston (Ladies of Cambridge)  
Giving Up the Gun  
Campus  
Oxford Comma  
….........
Horchata  
Mansard Roof  
Walcott 

Jan Martens