Konzertbericht

The Tallest Man On Earth


Ein Mann. Eine Stimme. Eine Gitarre. Viel minimalistischer geht es eigentlich nicht – vor allem, wenn der Mann eher das Gegenteil seines Namens "The Tallest Man On Earth" darstellt und sowohl Gitarre als auch Stimme immer etwas schrammelig wirken. Dennoch ein Rezept, mit dem Kristian Matsson immer größere Hallen einnimmt – um es jetzt, passend zum opulenter instrumentierten neuen Album "Dark Bird Is Home", gegen die volle Bandbesetzung einzutauschen. Na dann: Mal sehen.

Im Vorprogramm wird jedoch kurzfristig ein noch minimaleres Programm aufgefahren: der irische Songwriter Adrian Crowley benötigt für fast den kompletten ersten Song nicht einmal seine Gitarre, sondern füllt den kleinen Saal des Oosterpoorts lediglich mit seiner dunklen, sonoren Stimme. Als dann doch die Gitarre dazukommt, lässt diese noch zusätzlich einen Guss dunkler Moll-Akkorde auf die Songs Crowleys tropfen. Viel Abwechslung bietet der Auftritt nicht – das Publikum zollt dem Iren dennoch seinen Respekt.

Knapp eine halbe Stunde später stehen beziehungsweise sitzen dann dort, wo zuvor nur ein kleiner Schwede mit seiner Gitarre zu stehen pflegte, zusätzlich ein Keyboarder, ein Bassist, ein Drummer und ein Gitarrist/Geiger – und zwar vom ersten Song an, obschon die eröffnenden "Wind And Walls" und "1904" vom 2012er Album "There's No Leaving Now" ursprünglich nur aus Gesang und Gitarre bestehen. Die vorrangige Wirkung der zusätzlichen Instrumentierung: Dank sanfter Geigen- und Klavierparts strahlen die Songs eine unglaubliche Wärme aus, Matssons Band lässt komplett neue Facetten der Lieder hervortreten. "Dark Bird Is Home" wird jedoch beinahe komplett gespielt – so reihen sich alte und neue Songs homogen aneinander.

Allerdings hätte es dann doch recht seltsam angemutet, wenn der größte Mann der Welt die Bühne nicht auch einmal für sich alleine beanspruchen würde, und so wird die Band für eine Handvoll Songs dann doch Backstage geschickt. Dem Hinweis, dass die dann gespielten Stücke eher leiserer Natur wären, beachtet das zu großen Teilen aus jungen Pärchen bestehende, niederländische Publikum brav, und so kann auch wirklich jeder "The Gardener" angemessen genießen. Wenig später bildet "King Of Spain", wieder mit kompletter Band, dann den ausgelassenen Gegenpart – frenetisches Mitklatschen kann schließlich wirklich der am besten erzeugen, der einen Schlagzeuger an Bord hat.

Zur Zugabe "The Dreamer" von der "Sometimes The Blues Is Just A Passing Bird"-EP zeigt Matsson dann noch einen weiteren Vorteil der erweiterten Besetzung – denn ganz ohne selber ein Instrument spielen zu müssen, schleicht er zu Beginn des Songs geradezu hinter dem Schlagzeug hervor, groovt, tanzt beinahe schon über die Bühne, sprich: ist Entertainer. Schon alleine waren Konzerte von The Tallest Man On Earth toll – aber manchmal ist mehr eben doch mehr.

Jan Martens