Konzertbericht

Polarkreis 18


Oh Mann, was soll ich von dieser Band halten?

Kurz vor dem Konzert der Dresdner von Polarkreis 18, konnte der geneigte N-Joy-Radiohörer noch ein Interview mit ihnen – oder zumindest Sänger Felix – verfolgen. Der Moderator schien – während der Fetzen, die ich wahrnahm – auch nicht so ganz zu wissen, was er mit der Band anfangen sollte. Die Band wiederum präsentierte das bekannte Selbst- oder Promotions-Bild. Der Konzertbesuch war geplant, um Aufschluss zu erlangen, ob die Band die guten oder die negativen Eindrücke bestätigen werde, die das Hören des Albums auslöste.

Zunächst jedoch durften die Hamburger von Ich Jetzt Täglich ihren Tourauftakt begehen. Keine schlechte Wahl als Support – egal ob nun von Bandmanagement, Konzertveranstalter oder Clubeigner ausgewählt. Die Band kam beim Publikum weder übermäßig gut noch schlecht an, freundlicher Applaus war ihr sicher. In der klassischen Schlagwerk, Bass, Gitarre Besetzung und unterstützt durch eine Violine präsentierten sie ihren Deutschpop, der weder im "Julimond"- noch im "Anajo Jetzt Los"-Spektrum anzusiedeln ist. Eher finden sie sich wieder in der Gesellschaft von Element of Crime einer- und Keimzeit andererseits. Das hat keine Chance groß durchzustarten, kann jedoch einen gewissen Live-Charme nicht verstecken und uns im Laufe des Jahres noch häufiger zu Gehör kommen.

Die Umbaupause ließ sich Dank der Premiere Champions League Konferenz ohne größere Langeweile überwinden, so dass Polarkreis 18 ihr gut sechzigminütiges Set kurz nach zehn beginnen konnten. Unterstützt durch lärmende Bekannte oder Geschäftspartner klang der Anfang des Konzerts fast als würde die selbstbetitelte Debüt-CD abgespielt. Kaum Überraschendes, außer dass der übertriebene und manierierte Gesang anders als auf dem Album gelegentlich doch einfach nur schräg vorgetragen wurde. Des Weiteren traten die Referenzen, die beim Hören des Albums aus nahezu jedem Takt springen, eher in den Hintergrund. Zumindest dann, wenn man das Gesicht von der Bühne abwandte oder versuchte, Felix' Gesten, Tanzbewegungen, Mimik und Kopfbewegungen zu ignorieren, schienen sie doch oft, nein viel zu oft, als seien sie eins zu eins bei der Bühnenperformance von Radioheads Thom Yorke abgeschaut.

Dem allgemeinen Publikum schien die Performance zu gefallen, übermäßige Bewegung war zwar nicht zu erkennen – außer bei dem dafür prädestinierten "Look" – doch wurde die Band ausreichend gefeiert. Neben "Look" überzeugten jedoch am meisten die Songs, die sich so nicht auf dem Album fanden, Lieder, die sich häufig ohne Gesang an ebenfalls instrumentalen Prog- oder Post-Rock-Bands orientierten und da zwar keine spektakuläre Qualitätsstandards erreichen, aber ohne Probleme als gut durchgehen können. Insbesondere das als "Trio-Stück" angekündigte und aufgrund einer Gitarrenpanne eingeschobene Stück in der Besetzung Piano, Bass und Schlagzeug mit starken Jazz-Assoziationen war ein Höhepunkt des Konzerts. Ebenso wie die erste Zugabe, die inklusive zu bemängelnden Gesangstils als – natürlich Radiohead-orientierte – Pianoballade daherkam. Wobei man sich die Referenz zu der Band aus Oxford hier tatsächlich sparen kann.

Am Ende hat das Konzert den gespaltenen Eindruck, den das Album hinterließ, weder in die eine – positive – noch die andere – negative – Richtung kippen lassen. Vielmehr festigte es beide Positionen. Musikalisch ist die Band in ihrer Vielseitigkeit zwischen klassischem Rock, elektronischen Spielereien, Glam- und Post-Rock sicherlich ein aufgehender Stern an der – meistens doch eher trostlosen – populären deutschen Musiklandschaft. Der Gesang, der – wenn ich es richtig verstehe – allein als musikalisches Element genutzt wird, also keine Texte transportieren will, die man verstehen, nachvollziehen, interpretieren soll, diesen Gesang kann Polarkreis 18 sich tatsächlich zukünftig schenken. Oder besser, die Band sollte ihn wenn möglich durch einen weiteren Synthesizer, eine Klarinette, ein Cello oder aber alles drei ersetzen, denn dies würde den gleichen Effekt viel harmonischer, hörbarer und besser erreichen.

So bleibt nur noch die Frage: Was Frank Spilker wohl davon gehalten hat?

Oliver Bothe