Konzertbericht

Nina Nastasia


Offenburg. Eine Stadt, die bei Nicht-Einheimischen häufig einfach nur Oldenburg oder Offenbach heißt und die aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit bei dieser Verwechslung auch noch sehr gut weg kommt. Und nun tritt hier also eine Frau wie Nina Nastasia auf, mitten im Nirgendwo. Zu allem Überfluss auch noch an einem der Orte, an dem meine alte Stufe eines der zahlreichen Gelage während der Oberstufe abhielt. Das ist ein wenig so, als ob Slayer in unserer Dorfkirche auftreten würden. So richtig wollte ich das verständlicherweise alles nicht wahrhaben, bis ich schließlich den Spitalkeller betrete.

Wir gehören zu den ersten Gästen und alte verschwommene Bilder von viel Alkohol und längst vergessenen Gesichtern schießen durch den Kopf. Geradezu paradox wirken da die sauber aneinander aufgereihten Stuhlreihen. Die Bühne ist bereits erhellt. Ein Barhocker, ein kleiner Tisch und zwei Mikrofone stehen darauf. Sie tritt also ohne Begleitband auf und eine erste Vorahnung macht sich breit, dass dieser Abend ein ganz intimer werden wird.

Nachdem sich der Spitalkeller langsam, aber sicher gefüllt hat und die ersten Gäste sich mit Stehplätzen begnügen müssen, da ist es nun soweit. Etwas schüchtern tritt Nina Nastasia auf die Bühne. Elegant sieht sie aus. Nur ihre braunen Strümpfe bilden einen Kontrast zu ihrer ganz in Schwarz gehaltenen Garderobe. Sie sagt erst mal nichts und auch das Publikum verhält sich äußerst reserviert. Die etwas unangenehme Spannung wird erst durch die ersten Töne ihrer Akkustikgitarre gebrochen. Der Sound ist glasklar und als Ninas Stimme einsetzt, machen sich gleichzeitig wohlige Wärme in der Magengegend und kühle Gänsehaut auf dem Rücken breit. So einvernehmend und berührend ist diese Stimme, dass sie wahrscheinlich, ohne es zu wissen bereits jetzt schon alle Menschen in diesem Raum für sich gewonnen hat.

Auch wenn es noch ein paar Songs dauert, bis der Umgang zwischen dem Publikum und Nina lockerer wird, so ist die große Wertschätzung für diese Künstlerin durch einen seltenen Umstand jederzeit greifbar: es ist während der Songs totenstill. Nina Nastasia präsentiert vorwiegend Material ihrer letzten beiden Alben "You Follow Me" und "On Leaving" und man ist zeitweise überrascht, wie viel besser manche Songs noch durch diese größere Reduziertheit klingen. Was bisher auch nie so wirklich zur Kenntnis genommen wurde ist, welch großartige Gitarristin Nina ist. Spielerisch fliegen ihre Finger über die Saiten, während sie schwierigste Gesangslinien zu meistern hat.

Mit zunehmender Dauer öffnet sich Nina Nastasia immer mehr dem Publikum. Sie erzählt Anekdoten aus dem Tourleben, erkundigt sich nach dem örtlichen Wein und will sogar einen Zuschauer als Roadie engagieren. Sichtlich glücklich verlässt sie nach zwei Zugaben und zahlreichen Zuschauerwünschen die Bühne. Zurück bleiben ein von Erinnerungen und wunderschönen Melodien überwältigter junger Herr in der ersten Reihe und jede Menge andere Menschen, denen der tolle Abend buchstäblich ins Gesicht gesungen steht.

Benjamin Köhler