Konzertbericht

Mogwai


Was musste man da zu Beginn der aktuellen Mogwai-Tour Erstaunliches hören: Jedermanns liebste Instrumentalschotten wären routiniert geworden. Auf der einen Seite ja ein Attribut, das man von einer Band, die mittlerweile 16 Jahre und sieben Alben lang dabei ist und allein dieses Jahr schon zum dritten Mal über deutsche Bühnen tingelt, gerne erwarten könnte – auf der anderen aber eben auch eins, das man gerade Mogwai, die jeglichem Instrumentalbandklischee in eben diesen 16 Jahren auch immer mindestens einen Schritt voraus waren, eigentlich nicht zuschreiben würde.

Nicht mal die typische Postrockvorband wird an diesem Novemberabend als Support auf die heiligen Bretter des Bremer Schlachthofs getreten. Was Strange Forces da auf die Bühne bringen, scheut sich nicht einmal davor, nicht instrumental zu sein, sondern wird hin und wieder mit verqueren Verbalgeräuschen garniert, und auch von Laut-Leise- oder Laut-Lauter-Spielen keine Spur: Stattdessen erinnert der sphärische Sound an Black Math Horseman, es wabert und hallt an allen Ecken und Enden – selbst bei den wenigen Ansagen.

Dass man den Auftritt von Mogwai dann am besten mit dem Wort "laut" bezeichnen könnte, ist nicht überraschend, es hieße aber auch, Eulen nach Athen und Langhaarige zum Roadburn zu tragen. Was aber gerade bei solch einer Band, die über die physische Wucht des Sounds funktioniert, relevant ist: Die Klarheit und Qualität dessen. Beeindrucken Mogwai oft (paradoxerweise?) insbesondere Open Air, ist der Klang im Schlachthof perfekt – leider mit Ausnahme des wie gewohnt wunderschönen "Friend Of The Night", dessen Melodien in ständigem Geknarze etwas untergehen.

Doch sich bei Mogwaikonzerten auf einzelne Songs zu konzentrieren, ist im Endeffekt sowieso wenig zielführend – denn auch wenn sich der eine oder andere freut, live selten gespielte Perlen anzutreffen, ist es bei kaum einer Band leichter, einfach die Augen zu schließen, sich mitreißen zu lassen und nach circa einer Stunde plötzlich wie aus Trance aufzuwachen. Eine gewisse Routine seitens der Band (womit wir quasi beim Thema wären) schadet da an sich ja nicht – ungewohnt ist hier dann höchstens, wie sehr die Schotten zu regelrechten Plappermäulern mutiert sind, die während des Konzerts mindestens viermal Sachen wie "Danke" oder "Bis bald" sagen.

Um dann doch noch zu zeigen, wie ungewiss die Zukunft bei Mogwai schlussendlich immer bleiben wird, hört das reguläre Set dann nach knapp 70 Minuten mit "Mexican Grand Prix" auf – einem neuen, übermäßig elektronischen Song also, in dem sich darüber hinaus auch noch die eine oder andere Gesangsspur versteckt. Die Zugabe beenden Mogwai dann aber doch auf gewohnte Art und Weise: Indem sie sicher stellen, dass auch der Letzte mindestens zwei Tage lang die Untertitelspur für Hörgeschädigte am Fernseher wird einschalten müssen – das wütende "Batcat" bildet den Rausschmeißer. Mogwai können nicht anders, als spannend zu bleiben – aber das ist ja vielleicht auch eine Art Routine.



Photo Credits: Jörg Kröger

Jan Martens