Konzertbericht

Massive Attack


Nach 5 Jahren veröffentlichen die Trip-Hop-Legenden aus Bristol mit "Ritual Spirit" neues Material und kommen für drei Konzerte nach Deutschland. Die drei Gigs in Berlin, München und Köln sind seit Wochen ausverkauft. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass man es hier mit Genre-Legenden zu tun hat, die sich in der Regel eher rar machen, anstatt mit Omnipräsenz zu glänzen.

Musikalisch setzen die Künstler aus Bristol auf alles – außer auf Tradition. Zwar sind mit Horace Andy, Martina Topley-Bird und Deborah Miller wieder die altbekannten Vokalisten am Start und auch die Tracklist setzt sich, gerade zwischen Mitte und Ende des Sets, aus etlichen Klassikern aus den Alben "Blue Lines" und "Mezzazine" zusammen – doch der gewohnt nebulöse Trip-Hop-Sound, der von sphärischen Keyboards und eindringlichen Basslines geprägt ist, wird immer wieder von scheppernden Drums und dissonanten Gitarren-Riffs durchbrochen.

Fast wichtiger als die Musik erscheint an diesem Abend jedoch die visuelle Aufbereitung. Fakten, Zahlen und Statements zum aktuellen Weltgeschehen – hauptsächlich der Flüchtlingskrise – werden in codeartigen Strukturen an die Wand projiziert und regelmäßig dekonstruiert. Dabei steht die Videoprojektion so sehr im Mittelpunkt, dass sie stellenweise vom musikalischen Geschehen ablenkt. Ein großartiges Konzept, dessen Aussage klar ist: Wir haben uns alle heute versammelt, doch es gibt verdammt nochmal wichtigeres als Musik.

Und so beweisen Massive Attack an diesem Tag in Köln, dass sie immer noch relevant sind: musikalisch, gesellschaftlich, menschlich. Ein großes Kompliment für eine große Band.

Andreas Peters