Konzertbericht
Les Savy Fav
Worte zu finden für die Show von Les Savy Fav fällt wahrlich nicht leicht. Denn im Endeffekt bleiben nicht viel mehr als die Aktionen von Frontsau Tim Harrington in Erinnerung. Unglaublich, bizarr, abstoßend, faszinierend und amüsant zugleich macht er den Auftritt seiner Band zu einer One-Man-Show. Das ist Segen und Fluch zugleich. Zum einen wird man den Auftritt bestimmt nicht so schnell vergessen, zum anderen sorgt er für eine Art Schockstarre im Publikum. Schnell hat dieses nämlich einen Halbkreis vor der Bühne gebildet, so dass der bärtige Mann sich austoben kann, wobei ihm dies natürlich längst nicht ausreicht und er sich auch in die hinteren Reihen der Meute mischt. Mitsingen oder gar Tanzen ist kaum drin. Zu sehr fasziniert Harrington.
Bei dem ein oder anderen Zuhörer, der nicht so sehr vertraut ist mit der Band, mag sich vielleicht auch eine Spur Unbehagen dazu gemischt haben, ob er das nächste Ziel des Sängers sein könnte. Harrington kennt nämlich rein gar keine Scham. Da wird schonmal ein Fan abgeknutscht (auf den Mund selbstverständlich) oder er besabbert sich mit Bier, wälzt sich auf dem Boden und sorgt so dafür, dass die Betreiber des The Great Räng Teng Teng ein paar mal weniger über den Boden wischen müssen, indem er einigen Schmutz in seinem T-Shirt konserviert. Normal aufstehen geht natürlich auch nicht. Beim Berappeln richtet sich sein Blick auf einen Fuß, er klemmt ihn sich zwischen die Beine, betrachtet und besingt ihn. Und hat Harrington mal Lust auf eine Zigarette, so nimmt er diese einfach jemandem weg. Der teils irre Blick tut sein Übriges. Und wer denkt, an der lauschigen Bar in Sicherheit zu sein, um dort gemütlich sein Bier schlotzen und dem Treiben aus der Distanz folgen zu können, der sieht sich auf einmal im Mittelpunkt des Geschehens, indem sich Harrington zu ihm setzt, ihn anstiert und via Gesang eine Konversation mit ihm aufnimmt.
Für den Höhepunkt sorgte unfreiwillig der Typ, der auf die völlig aberwitzige Idee kam, bei der Les-Savy-Fav-Show ein paar Rosen zu verticken. "Wolle Rose kaufe?" Nichts da kaufen, einfach nehmen ist angesagt. Flugs landet der Strauß in den Händen – na von wem wohl? – , der wiegt sie glücklich in seinem Arm und gibt sie – zum Glück des Verkäufers – brav wieder unbeschadet zurück. Achso, Musik gab es auch. Gut eine Stunde lang. Laut war sie, und trotzdem ging sie fast ein wenig unter. Schade. Denn der Live-Performance von Tim Harrington, der gerade einmal gefühlte zwei Minuten im Kreise seiner Mitstreiter auf der Bühne verbrachte, war sie deutlich untergeordnet. Vielleicht ist das den Band-Mitgliedern auch ganz recht, so können sie sich auf ihren Part voll und ganz konzentrieren. Denn nicht auszudenken, was passieren würde, wenn der Bewegungsdrang Harringtons sich nur auf eine derart kleine Bühne wie im The Great Räng Teng Teng beschränken müsste. Da war das Huckepack Nehmen des Gitarristen nur ein kleiner und harmloser Vorgeschmack.