Konzertbericht

Godspeed You! Black Emperor


Einmal mehr machen Godspeed You! Black Emperor in Deutschland Halt. Auf ihrer aktuellen Tour präsentierten sie sowohl vielgewünschte Stücke der frühen Bandphase als auch das komplette aktuelle Album. Als Zusatz gab es einen Ausblick auf Neues. Lest hier die Eindrücke des Auftrittes im Berliner Huxleys.

Um Godspeed You! Black Emperor ranken sich eine Reihe Mythen. Interviews gibt es selten, die Besetzung des Kollektivs ist wechselhaft und im Dunkel der Bühne verschwimmend, illuminiert ist lediglich das, was das offizielle Mitglied – ein Filmprojektor – an die Wand wirft. Umso mehr muss also das wirken, was aus diesem Ungewissen nach außen dringt: die Musik. Nachdem die Band eine Weile pausierte und mit hochgelobten Alben zurückkam, war und ist es schön, neues Material für das eigene Hören zu haben, ihre eigentliche Wucht entfaltet die Kunst der Montrealer allerdings live. Das sah man schon auf ihrer Comebacktour 2011 und folgenden Auftritten und das ist auch die Essenz dessen, was sich an diesem Abend im Huxleys abspielt.

Neun Stücke werden es an diesem Abend sein, was bedeutet, dass die Besucher knapp zweieinhalb Stunden zwischen den Laut-Leise-Arrangements der Band hin- und hergerissen werden. Eine Vorkünstlerin gibt es zwar, nur ist diese ähnlich deplatziert wie das Umfeld der Location an sich. Das Huxleys ist Teil eines Einkaufszentrums mit angeschlossener Spielhölle, deren blinkende, nach Konsum schreiende Werbemaßnahmen einen krassen Gegensatz zu dem darstellen, was die Band als Weltsicht durchscheinen lässt. Als Gegenmodell dazu stimmt der Späti eine Straße weiter auf die Show ein: Es laufen GY!BE im Shop. Zur Vor"band": Xarah Dion heißt die Dame und ist musikalisch im Synthiepop der 1980er Jahre stehen geblieben, welchen sie mit Bollerbeats vom Jahrmarkt garniert.

Nachdem diese halbe Stunde überstanden ist, betreten GY!BE wortlos die Bühne und erste Störgeräusche von "Hope Drone" bahnen sich langsam ihren Weg. Nachdem diese in einem Noisegewitter enden, spielt die Band "Storm" von "Lift Yr. Skinny Fists Like Antennas to Heaven!" und erntet begeisterte Zustimmung aus dem Publikum. Jenes Publikum übrigens, welches aus einer anderen Zeit zu sein scheint. Das mittlerweile so omnipräsente Leuchten unzähliger Smartphones ist ebenso wenig vorhanden wie ständiges Getuschel im Publikum. Man nickt sich zu, einige bewegen sich, ansonsten gleicht die Stimmung einer Andacht, deren Erlöser auf der Bühne Instrumente bedienen. Es folgt an diesem Abend das komplette "Asunder, Sweet and Other Distress"-Album, bevor die Spoken Words von "They Don't Sleep Anymore On The Beach" bereits vielfach für Gänsehaut sorgen, ehe "Monheim" einsetzt.

Wie üblich findet sich an diesem Abend auch ein neues, unbekanntes Stück auf der Setlist wieder. Es folgt den Entwicklungen der Band zum immer lauter werdenden Rock und baut sich mantraartig über viele Minuten auf, um sich dann in einem schnell verlaufenden Ausbruch zu ergießen. Zum Abschluss reist die Band dann noch einmal in ihre Anfangstage zurück: "BBF3" komplettiert diesen Abend, an dem sich die Musiker in ziemlicher Spiellaune zeigen. Zusammen mit dem sehr klaren, guten Sound des Huxleys und dem angenehmen Publikum zeigen die Kanadier einmal mehr, warum sie sowohl musikalisch als auch live nach wie vor die Referenz des sogenannten Postrock sind, an deren Qualität bislang niemand herangekommen ist.

Klaus Porst