Konzertbericht
Dredg
"Thanks for coming out on a Monday evening", ruft Sänger Gavin Hayes ins Publikum. Wie immer zollt der Meister des introvertierten Konzerterlebnisses dem Publikum Respekt für's Kommen und Zuhören. Dabei haben sich an diesem Abend nicht die Zuschauer ein Dankeschön verdient, sondern die Band selbst, die eine sehr gute Performance abliefert. Das Publikum zeigt sich 75 Minuten lang zurückhaltend, ein völlig überdrehter Fan fordert: "You fucking statues. Move!" Doch Dredg ist nichts für Lauttreter, mit der Hardcore-Vergangenheit hat die Band abgeschlossen.
Extra für zwei Konzerte über den großen Teich nach Deutschland geflogen, ist den Musikern der Jetlag anzumerken. Außerdem streiken Teile der Technik. Bassist Drew Roulette kämpft zwei Drittel des Konzertes mit seinem Monitor, kann sich selbst nicht hören und wirkt am Ende völlig entnervt. Hayes ergeht es nicht besser, auch er bekommt keine akustische Rückmeldung, verpasst deswegen immer wieder merkbar seinen Einsatz. Keine guten Voraussetzungen also für das Gelingen der Show.
Trotz dessen spielen sich die Kalifornier angesichts dieser Widrigkeiten hochprofessionell durch ihre Setlist, die kaum Wünsche offen lässt. Zu den Klassikern "Same Ol' Road", "Sanzen" und "The Canyon Behind Her" von "El Cielo" gesellen sich die Publikumslieblinge "Bug Eyes", "Ode To The Sun" und "Catch Without Arms" vom letzten gleichnamigen Album sowie auch einige neue Songs. Neu ist in diesem Fall relativ, denn obwohl Gavin Hayes die neuen Songs extra als solche ankündigt, haben Dredg viele der Titel schon im August im Kesselhaus gespielt. Wirklich neu ist nur der letzte Song. "Horizon" heißt dieses Stück, das selbst für Dredg-Verhältnisse erstaunlich ruhig ist, die kurze Ballade mit einer typischen Slidegitarren-Melodie im Refrain und einer tollen Piano-Begleitung. Es bleibt daher abzuwarten, wie Dredg sich auf dem kommenden Album präsentieren werden, in gewohnter Manier oder doch deutlich reduzierter als auf "Catch Without Arms".
Durch alle Songs – neu wie alt – zieht sich der unverkennbare Dredg-Sound, der durch Hayes' Stimme, den variablen Einsatz des Schlagzeugs und vor allem den hellen, warmen Klängen der Slide-Gitarre geprägt ist. Diese Elemente, sowie der vielfach eingesetzte, spezielle Hall tragen dazu bei, auch jeden unbekannten neuen Song sofort perfekt in das live gespielte Dredg-Œuvre einzupassen. Großartige Showeinlagen sparen Dredg sich aus, lediglich Sänger Hayes bietet durch beschwörerische, über die Bühne tänzelnde Bewegungen Grund, ab und an die Augen zu öffnen und gen Bühne zu schauen. Ansonsten verlässt sich die Band darauf, ihre Musik wirken zu lassen. Umso ärgerlicher sind daher die wenig optimalen Umstände, die durch die Technikprobleme entstehen.
Nach 75 Minuten ist das Konzert zu Ende, Zugaben gibt es leider keine. Wünsche dürften dennoch kaum übrig geblieben sein, zumal die Band direkt nach dem Konzert noch einmal herauskommt, um mit Fans zu reden, Autogramme zu verteilen und sich fotografieren zu lassen. Wer dieses Konzert verpasst hat: Bereits Ende Juni besteht die nächste Möglichkeit, die Band zu sehen – dann kehren die vier Kalifornier für die Tour zum nächsten Album nach Berlin zurück und werden sicherlich bessere Bedingungen vorfinden als an diesem Abend.
Photo by Chapman Baechler