Konzertbericht

Dinosaur Jr.


Es gibt sie tatsächlich noch: Diejenigen, für die ein Konzert von Dinosaur Jr. etwas Neues, Besonderes ist. Auf dem Weg zum Bremer Schlachthof begegnen jene Leute einem, die erst beim letztjährigen Rolling Stone Weekender auf die Band stießen, die mit offenen Mündern auf die Masse an Gitarrenverstärkern starrten, die jeden um sie herum, der es womöglich wissen könnte, fragten, "ob das denn so laut muss". Und alle anderen um sie herum wissen: Ja, das muss.

Für die ist ein Auftritt von Dinosaur Jr. nämlich wunderbarste Routine – und zwar nicht die ermüdende Routine eines Büroalltags, sondern die beruhigende, angenehme Routine des jährlichen Harz-Ausflugs: J. Mascis redet nicht mehr, als er muss, lässt dafür aber seine wunderschönen Gitarrenmelodien und ein Solo nach dem anderen sprechen, deren Lautstärke Lou Barlows Bass und Murphs Drums höchstens noch erahnen lassen. Als Variation akzeptiert man dann höchstens noch den Fokus auf dem aktuellen Album "Give A Glimpse Of What Yer Not". Das ist nicht nur super, dessen Cover (eine knallbunte Hommage an Caspar David Friedrichs "Wanderer über dem Nebelmeer") liefert auch die Grundlage für die passende Videoshow: eine stets die Farben wechselnde Blumenwiese inklusive lachender Teletubbies-Sonne, die gleichzeitig so einlullend und quirlig wirkt wie das ganze Konzert.

Das alles ist gut so, das war es immer und wird es auch immer sein, solange Mascis, Barlow und Murph ihre größer werdenden Bauchansätze weiter auf die Bühne schleppen. Und für die Zeit danach konnten sich im Vorprogramm bereits (die auch nicht mehr ganz jungen) Purling Hiss bewerben, deren jamlastiger Indierock verblüffend überzeugend nach, Verzeihung, Dinosaur Jr. Jr. klingt. Bis dahin ist aber hoffentlich noch genug Zeit – Zeit, um für noch mehr von einer aufregenden Neuentdeckung zu einer der schönsten Routinen der Musikwelt zu werden.

Jan Martens