Konzertbericht

Belle & Sebastian


Seit 15 Jahren begeistern die Schotten Belle & Sebastian nun schon mit ihrem überschwänglichen Indie-Pop. Anfang April kamen sie mit ihrem neuesten Album "Write About Love" auf Tour und wir waren in Hamburg dabei.

Das mit der Coolness ist ja so eine Sache, gerade in der Musik. Wer nicht gerade den neuesten Style kreiert, ihm folgt und vielleicht im schlimmsten Fall überhaupt keinen Style hat, bleibt der ganz großen mediengeleiteten und (als Einheit) mit Geldscheinen quasi um sich schmeißenden Masse wohl immer verwehrt – kann sich aber auch nach und nach eine beständige Fanbase aufbauen, ohne den Tod des Trends, auf den sie einmal aufgesprungen sind, befürchten zu müssen und meistens noch dazu machen, was sie will.

Nun: Wirklich "cool" in dem Sinne waren Belle & Sebastian wohl nie, sind es nicht und werden es auch wohl nie sein – denn trotz diverser UK-Top-10-Platzierungen wird der zuckersüß-bunte Pop der Schotten wohl nie jenen viel zu großen Bevölkerungsanteil ansprechen, der sich in jeder Sekunde seine James-Dean'sche Coolness bewahren will und jeglichen Verdacht auf ein kleines bisschen Kitschigkeit mit seiner Sonnenbrille abschirmt. Sympathisch, dass sich Hamburg allerdings nicht zu schade für etwas Schmalzigkeit ist, wenn er von einer Band wie Belle & Sebastian kommt – und so ist die Große Freiheit 36 relativ gut gefüllt.

Zumindest vom schwedischen Mädelstrupp Those Dancing Days, der den Support gibt, kann nicht behauptet werden, dass er schmalzig sei – ganz im Gegenteil gehen die Damen trotz ihres schnuckeligen Aussehens gerade zu Beginn des Sets recht knarzig zu Werke. Dass es sich nur um das Vorprogramm handelt, lässt sich das Hamburger Publikum dennoch anmerken. Viel interessanter danach natürlich der Hauptact, der unauffällig, aber trotzdem schön mit "I Didn't See It Coming", dem Opener des aktuellen "Write About Love"-Albums loslegen. Gleich danach schon "I'm A Cuckoo", das bereits sehr freudig wiedererkannt wird – doch gibt es in der Welt von Belle & Sebastian keine eindeutigen, sondern nur viele kleine, heimliche Hits, so dass das Set stimmig und relativ ausgeglichen durch die komplette Diskographie führen kann. Dass es dabei nicht bei Stücken wie "If You Find Yourself Caught In Love" oder "The Boy With The Arab Strap" Halt macht, versteht sich trotzdem.

Vielleicht am schönsten jedoch ist der Spaß an ihrem Auftritt, den man der Band stets anmerkt und den sie auch gar nicht verstecken will: So besitzt Frontmann Stuart Murdoch genug Selbstironie, um sich über seine Klamottenwahl aus Jeanshose und -jacke zu amüsieren ("Sporting the double denim tonight!") und den vielleicht zweitalbernsten Tanzstil aller Zeiten aufs Parkett zu legen – wird dieser schließlich noch eindeutig von drei Fans übertroffen, die in der Mitte des Sets bei zwei Songs auf der Bühne herumhüpfen dürfen. Insofern trifft das, was Murdoch zu Beginn des knapp hundertminütigen Sets philosophiert, durchaus zu: "You can sing, you can dance around – you can do whatever you like at a Belle & Sebastian show." Manchmal ist gute Laune eben wichtiger als Coolness.

Jan Martens