„Older“ ist ein Albumtitel, der konkretisiert werden will: Älter als wer oder was? In Abgrenzung wozu? Ist ein Zustand oder eine Entwicklung gemeint? In Naims Fall bedeutet das Sprechen übers Altern im Prinzip das Sprechen über das Leben: Orte, Regungen, Emotionen oder Personen lassen sich betrachten, die das psychische und physische Altern begleitet haben. So illustriert sie den Wechsel der Generationen, indem sie uns verspielt vom Kinderkriegen erzählt, den Tod ihrer Großmutter thematisiert und versucht, sich selbst und ihre Gedanken zu beleuchten. Sie reflektiert zerbrochene Beziehungen, gesteht Ängste und hinterfragt Zustände.

So abwechslungsreich wie also Naims Thematik auf ihrem nun vierten Album, so abwechslungsreich ist auch dessen Umsetzung: Die Französin hält offenbar wenig von Konsistenz und manövriert ihre starke Stimme gekonnt durch Singer-/Songwriterstücke („She Said“), hält kurz beim Swingjazz inne („Walk Walk“) und ist auch gefühlvolleren Tönen nicht abgeneigt („Make A Child“). Das Leben, oder eben Altern, ist jedoch nicht nur ein Auf und Ab, es ist manchmal auch verwirrend. Auch das hat die Musikerin im Blick behalten und beschert dem Hörer mit Songs wie „Trapped“ ein großes Fragezeichen im Gesicht: Hier wurde etwas dick aufgetragen und würde dieser Song zum nächsten ESC an den Start gehen – es würde sich keiner darüber wundern. Dramatischer Theaterpop mit großen Gesten: Auch das kann Yael Naim, selbst wenn ihr andere Songs definitiv besser stehen.

Naim scheint es recht egal zu sein, ob sie noch einmal einen Radiohit wie „New Soul“ landet. Ihr scheint auch der rote Faden auf ihrer Platte egal zu sein. Das wirkt entspannt und beschert mitunter hübsche Songs, wenn es auch nicht unbedingt in sich geschlossen ist.

Silvia Silko

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