Rezension

Wolke
Teil 3
Highlights: Kleine Lichter // Vergessen // Ein guter Plan // Gib auf
Genre: Deutschpop
Sounds Like: Sparks // Pet Shop Boys // Klee // Bernd Begemann // Ruben Cossani // Tele // Virginia Jetzt // Blumfeld // Paula
VÖ: 28.03.2008

Kitsch schreiben Oliver Minck und Benedikt Filleböck ganz groß. Pathetisch und mit dem großen Popgestus entworfen, finden sich auch auf ihrem dritten Wolke-Album „Teil 3“ Popsongs erster Güte. Mitpfeifen und Genießen stehen im Mittelpunkt.
Harmonien, Harmonien, Harmonien. Einfach zauberhaft oder einfach nur einfach. Da wird nicht das komplizierte Arrangement gesucht, da wird die eigene Vision von Pop entwickelt. Und wenn sich jemand dafür schämt, das gut zu finden, soll er doch.
Das Cover suggeriert als erste Assoziation die Sparks, und ich bin mir sicher, das ist gewollt. So ist dann einer der größten Momente das elektrisch angehauchte „Vergessen“, wobei der Beat im nachfolgenden „Hurra!“ schon wieder fast zu offensiv einsetzt, durch Mincks Gesang und die untergelegte Klaviermelodie jedoch abgefangen wird.
Mittelstands- oder Universitäts-Pop wären die Schimpfbezeichnungen für „Teil 3“, intelligenter und realitätsnaher Pop die Belobigungen. Überhaupt besteht Wolkes Musik auch und nicht zuletzt aus und dank Mincks Texten und Gesang. Treffgenaue, lyrische Betrachtungen der nicht existenten Boheme, des nach unten offenen und nach oben abgeschlossenen bildungsnahen Mittelstands. Eingerahmt von Melodien und Instrumentierungen, die nicht revolutionieren, sondern das wohlige Gefühl beim Hören auslösen wollen. Das haben Wolke nicht nur mit Paula gemein.
Die reduzierte Schönheit der Songs und ihre bei aller Unkompliziertheit wohldurchdachten bis perfekten Arrangements verleihen den Liedern schon eine Ausnahmestellung im deutschen Pop. Dies geschieht nicht zuletzt, da die beiden Musiker bei aller Originalität ihrer Werke es doch immer schaffen, vertraut zu klingen, Assoziationen an bereits bekannte Musik zu wecken. Es wird dabei nicht kopiert, nicht einmal interpoliert oder auch nur zitiert. Vielmehr schreiben sie mit ihren ganz eigenen Mitteln Songs, die automatisch Nervenimpulse auslösen, Verbindungen aufrufen und sich bei ihren Verwandten in unserem Gehirn wohnlich einrichten. Wie sehr das auf Berechnung – und Talent – der Musiker beruht, belegt einmal mehr die für Wolke-Alben übliche Coverversion. Nach Guns’N’Roses und Queen auf „Sušenky“, bzw. „Möbelstück“ nehmen auf „Teil 3“ Van Halen die Rolle der einzudeutschenden Rock’n’Roll-Heroen ein. Das gelingt, selbstverständlich. Und zwar völlig unpeinlich.
Wolkes drittes Teil. Erstaunlich, einmal mehr. Großer Pop. Nicht cool, nicht identitätsstiftend oder verehrenswert. Sondern einfach nur schön. Das Album funktioniert heute, vorgestern und mit Sicherheit noch übermorgen. Pop halt. Schnieke.
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