Rezension
Wolftron
Flesh & Fears
Highlights: Ms. Luna Grim // Blueberry Waves // Uglybird
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: The Weepies // Belle And Sebastian
VÖ: 25.07.2008
Nee, wat süß! Dieses Cover von Wolftrons erstem Album "Flesh And Fears", dieses Wesen, das dort in einem Meer aus Herbstlaub sitzt, diese Mischung aus altem, weisem Baum und Knuddelfurby. Wenn man dieses possierliche Dingsbums als Kuscheltier oder künstlich aufgepeppte Zimmerpflanze herstellen, gut vermarkten und helga-rockt.de aufgrund der Idee am Gewinn beteiligen würde, wir könnten das ein oder andere Indielabel spontan aufkaufen, anstatt umständlich Promo-Exemplare ihrer Alben anzufordern. Vielleicht mag dieses Tierchen auf dem Cover, mit dem man mit Sicherheit keine Furcht assozieren würde, ja auch der Grund für den Freud'schen Verschreiber auf dem Promozettel sein, der das Album wiederholt als "Flesh & Ears" bezeichnet.
"Nee, wat hübsch!" lässt sich nebenbei übrigens auch über das Album sagen, das zu diesem Cover gehört. Für jenes verantwortlich zeichnet sich Kenny Choi, seines Zeichens Sänger von "Daphne Loves Derby", einer jener US-Bands, die über eine Art Kultstatus und eine äußerst treue Fangemeinde verfügen, ohne jemals wirklich populär zu werden. Wo sich Daphne Loves Derby jedoch fröhlich durch 20 Jahre Alternative-Rock-Geschichte schrammeln, lässt Choi mit Wolftron - einem seiner insgesamt fünf Soloprojekte - seiner zarten Seite den Vortritt und schreibt feinsinnigen, akustischen Indie-Pop.
Besonders in den Texten manifestiert sich jene Feinfühligkeit, wenn Choi – Achtung, Kitschgefahr! – Textzeilen wie Wait on the sand until the moonlight holds your hands, there you’ll fall in love, you’ll never have to run again („Ms. Luna Grim“) seidig säuselt, die prädestiniert für Genuss unter Kerzen- oder Sternenlicht erscheinen. Untermalt werden dieser und ähnliche Großoffensiven auf die Schnulzdrüsen mit sanften Gitarrenklängen und gelegentlichen Klaviertupfern, die sich mal leise wie Feenstaub auf die Melodie legen („Beautybird“), mal wie ein verwunschener Wasserfall durch den Hintergrund des Songs plätschern („Uglybird“) – wer sich nun fragt, wo genau hier der Unterschied liegt, dem sei entschuldigend gesagt, dass sich Chois Hang zur Romantik auch auf Rezensenten niederzuschlagen scheint.
Knapp gesagt: Wer sich morgens, statt zu duschen, mit einem Beutel Eiswürfel verprügelt, sich alle vier Reiter der Apokalypse auf den pulsierenden Bizeps tätowiert hat und zur Entspannung ausnahmsweise jene Cannibal-Corpse-Songs anhört, die nicht auf dem Index stehen - dem dürfte ein Album, das seine härtesten Momente dann hat, wenn wie in „Sugar Skulls“ ausnahmsweise Bass und Schlagzeug mitmischen, wohl zu weich und gefühlsbetont sein. Vielleicht auch nicht nur dem. Für alle anderen ist „Flesh And Fears“ vielleicht ein toller Tipp, wenn auf dem Kuschelmixtape für’s Mädel noch 1-2 Stücke fehlen, für andere vielleicht auch nur ein nettes Album – „nett“ jedoch ausnahmsweise, ohne den großen Bruder dieses Adjektivs bemühen zu müssen.
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