Rezension

Windmill

Puddle City Racing Lights


Highlights: Tokyo Moon // Plasticine Plugs // Plastic Pre-Flight Seats // Fit
Genre: Alternative // Experimental Music // Indie // Klaviergeklimper
Sounds Like: World Leader Pretend // Mae // Clap Your Hands Say Yeah // Arcade Fire

VÖ: 18.05.2007

"Verdammt. Woher kenne ich diese Stimme?!", denke ich beim ersten Anhören. Bei der Hälfte des Albums fällt es mir endlich ein. Das könnte glatt der Sänger von Clap Your Hands Say Yeah sein. Ist es aber nicht…hinter Windmill steckt einzig und allein der 26-jährige Matthew Thomas Dillon. Sein liebstes Instrument ist das Klavier. Und das setzt er auch bei jedem der zwölf Songs reichlich ein. Ansonsten bilden meist dichte Soundwände aus Streichern und Percussion den Hintergrund. Seine prägnante Stimme steht auf jeden Fall davor.

Es regnet in Strömen, der Himmel ist dunkel. Es sind nur die grauen Fassaden der Hochhäuser zu sehen. Zwischendrin blinken jedoch die Lichter der Großstadt. Ampeln und Lampen. Man könnte sich vorstellen, dass man ein Auto mit hellen Scheinwerfern um die Ecke fahren sieht, und dass die Leuchtreklamen die besten Läden ankündigen, in denen man Zuflucht vor diesem Wetter suchen kann. Mitten auf der Straße steht ein einzelner Mensch, bekleidet mit einem langen, wehenden, schwarzen Mantel. Er scheint gar keine Zuflucht zu suchen, sondern will genau dort bleiben. Mit dem Gesicht gen Himmel, um die Regentropfen zu spüren.

So viel zum Plattencover…und was steckt dahinter? Schöne Musik. Musik, die genau in diese Szene passen würde. Regen, Melancholie und Dunkelheit. Aber das ist nicht alles. Wenn man sich „Puddle City Racing Lights“ anhört, dann kommt die Sonne heraus. Zumindest symbolisch betrachtet. In Dillons Songs gibt es immer wieder heitere Ausbrüche, mit herzerwärmenden Streichern und schnellen Klavierläufen. Auf „Asthmatic“ singt sogar ein fröhlicher Chor im Hintergrund. Engelsgesang, der wie eine Erlösung nach dem Asthmaspray kommt.

Das alles klingt gerade so, als ob es sich um ein Herbst-Album handelt. Aber wie gesagt: Das muss nicht sein. Wenn man im Sommer auf einer grünen Wiese liegt, die Augen schliesst und Windmill hört, dann wird das auch sehr gut funktionieren. Zum Träumen schön. Irgendwie gibt diese Musik einem das Gefühl, das Album wieder und wieder hören zu müssen. Und es wird nicht langweilig, sondern man fühlt sich immer mehr wie „zu Hause“.

Matthew Dillon hat in einem Interview erzählt, dass er, bevor er seinen Plattenvertrag hatte, Auftritte vor jeglichem Publikum absolvieren musste. Auch vor solchem, das sich vom Konzert teilweise sehr andere Vorstellungen und Erwartungen gemacht hatte. An einem Abend spielte er vor einer Horde Gothics, die ihn ausbuhte. „Man, you´re worse than the milkman!“, riefen sie ihm zu. Auch Dillon wusste nicht, was sie damit meinten, aber Fakt war, dass sie ihn nicht mochten. Ausgebuht zu werden ist nicht schön und kann einem das Herz brechen. Aber Dillon hat das Ganze positiv ausgelegt: Die Gothics durften nun mal nicht emotional werden, dafür geben sie sich als viel zu hart... weil Windmills Musik ihnen dennoch das Herz erwärmte, hatten sie Angst, ihre Gefühle zu zeigen. Das konnten sie nicht zulassen.

Aber wer weiß. Vielleicht sind sie am Morgen nach dem Konzert aufgewacht, die Sonne schien durch das Fenster auf ihr Bett, und mit einer Melodie von Windmill im Hinterkopf sind sie in ein neues, fröhliches Leben gestartet. Auf jeden Fall sollte man die Musik von Windmill an sich heran lassen. Sie kann einen berühren, sentimental und glücklich machen. Wenn man sie lässt.

Marlena Julia Dorniak

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