Rezension

Wild Child

The Runaround


Highlights: The Runaround // Crazy Bird // Left Behind
Genre: Indie-Folk
Sounds Like: Hey Marseilles // Of Monsters And Men // The Head And The Heart

VÖ: 21.11.2014

Das Jahr 2014 neigt sich schon bald seinem Ende zu, letzte Chance also, sich einem Album zu widmen, das ursprünglich schon vor über zwölf Monaten das Licht der Welt erblickte. „The Runaround“ erschien in den USA schon im Oktober vergangenen Jahres und schickt sich nun an, mit einiger Verzögerung auch die Plattenläden und Playlists hierzulande zu entern. Dabei kann das Zweitwerk der Band Wild Child aus Austin, Texas, nur schwer verheimlichen, aus dem letzten Jahr zu stammen. Fasst man einmal zusammen, was damals gut ging, hat man schon fast die Formel hinter „The Runaround“ verstanden: Geige, Ukulele, Bärte.

So ist es wenig verwunderlich, dass Wild Child gleich fünf Songs auf den ersten Platz der Hype-Machine-Charts hieven konnten und die erste Single „Crazy Bird“ den Toprang der US-Airplay-Formatcharts enterte. Das allein sollte natürlich keiner Band der Welt negativ ausgelegt werden, und doch kommt man nicht umhin anzunehmen, dass hier musikalischer Einfallsreichtum in der Prioritätenliste deutlich hinter der Erfüllung des Massengeschmacks rangiert. Im Vergleich zum nett verschrobenen Debüt „Pillow Talk“ von 2011 wirkt hier leider so einiges etwas stumpf und unmotiviert. Auffällig dabei ist jedoch, dass sich gerade die besonders poppigen Songs positiv hervortun – allen voran der Titelsong und „Crazy Bird“, das mit seiner gepfiffenen Hookline geradezu um Gehör in der Werbeabteilung der Elektronik-Schmiede mit dem Apfel bettelt. Doch erleben wir hier noch eine Lehrstunde in Sachen Catchiness, so kollidieren wir direkt danach mit dem harten Boden der Tatsachen. Und der heißt für „The Runaround“: Mid-Album-Filler.

„Coming Home“ startet zwar ganz nett mit zweistimmigem Gesang, dieser kann jedoch nur kurze Zeit über die textliche Beliebigkeit hinwegtäuschen. Das gleich darauf folgende „Stitches“ lässt ebenso wenig Euphorie aufkommen – diese Stiche tun zwar niemandem weh, aber wirklich notwendig wäre die Americana-Version der Schwarzwaldklinik nun wirklich nicht gewesen. So geht es in einem fort, bis endlich mit „Living Tree“ kurz vor dem Ende des Albums noch einmal ein kleiner Funken Hoffnung aufkeimt und man meint, das Hörerlebnis könne doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss gelangen. Hier erinnert der Gesang von Kelsey Wilson und Alexander Beggins auf ganz angenehme Weise an jenen der Kollegen Moore und Tacular von den Bowerbirds, während Cello und Klavier den musikalischen Rahmen bilden, der von einer von Zeit zu Zeit dazwischenkrächzenden Trompete auf positive Weise gesprengt wird.

Das Album als Ganzes zu bewerten, fällt extrem schwer, denn es zerfällt in drei Teile. Zu Beginn kann man noch hoffen, das zum Fremdschämen einladende Cover – Wölfe, Wald und Kinder samt Blumenkranz im Haar, das alles in Airbrush-Optik – sei ironisch gemeint. Der Mittelteil löst dann nicht einmal pures Entsetzen aus, sondern führt lediglich zu vollständiger Apathie. Und der Schluss versucht dann noch einmal zu retten, was zu retten ist. Einige einzelne Songs auf „The Runaround“ sind wirklich stark, das Album in seiner Ganzheit kann aber getrost wieder zurückwandern in die Kiste mit den Alben, die man auch schon 2013 kaum vermisst hätte.

Christoph Herzog

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