Rezension

When Saints Go Machine

Infinity Pool


Highlights: Iodine // System Of Unlimited Love // Mannequin
Genre: Post-Pop // Avantgarde // Experimental
Sounds Like: Anthony And The Johnsons // WhoMadeWho

VÖ: 17.05.2013

Endlose Weite, Wüstensand, rötlich verbrannte Erde. Ein Mann mit Gasmaske und Schutzkleidung, der in einen riesigen Krater hinabsteigt, immer weiter auf der Leiter in die Untiefen des Erdreiches hinein. Ein höhlenartiger Schacht, angefüllt mit Kristallen und Diamanten. Die leuchtenden Augen des Suchenden. Plötzlich der Zusammensturz des Stollens. Erschüttern, Zittern, Beben.

In den wenigen, statisch gefilmten Bildern zum Song „Iodine“ wird die Gefahr menschlicher Gier schonungslos und, im wahrsten Sinne des Wortes, erschütternd dargestellt. When Saints Go Machine machen deutlich, dass bei ihrem dritten Studioalbum „Infinity Pool“ wenig von der schwerelosen Freude des genialen Vorgängers „Konkylie“ übriggeblieben ist. Trotz des unverändert markanten Sounds stößt man beim Durchtauchen des Unendlichkeitspools weniger auf Tanzhits für den Indiefloor. Klangexperimente, Soundcollagen oder einfach nur Stille prägen die stellenweise chaotische, aber niemals zerfahren wirkende Soundästhetik des Albums.

Die vielschichtigen, kaum greifbaren Songs, die die Jungs von When Saints Go Machine diesmal unabhängig voneinander zu Hause produziert haben, klingen, als seien sie direkt nach der Apokalypse auf der wüsten und leeren Erde aufgenommen worden. Zwischen noch surrenden Roboterteilen, die sterbend schwächlich fiepsen, grauem, verschwommenem Computerrauschen und schwelend, knisternd verbrennenden elektronischen Geräten steht Sänger Nikolaj Manuel Vonslids überirdisch zarter, zerbrechlicher Falsett. Er verhallt im menschenleeren Raum, ungehört in den Weiten des staubigen Nichts. Vielleicht die wenig rosige Zukunft des übersättigten Informationszeitalters?

Alles wirkt düsterer, härter und synthetischer. Schon der Opener „Love And Respect“ zeugt durch die Gast-Vocals des Rappers Killer Mike von ungeahnten Einflüssen. Die 90er Jahre scheinen eine große Inspirationsquelle gewesen zu sein. Der Albumteaser zeigt das absurd schrille Bild des Infinity Pools in einer pixeligen Auflösung à la Tomb Raider 2. Eckige Männer hüpfen ungelenk in das zweifarbige, zähfließende Wasser, am Ende sticht sich der tierartige, tätowierte Gangsterboss selbst die Augen aus. Absurdität, Horror und Wahnsinn. Der Song wirkt plötzlich wie ein alter Computerspielsoundtrack, Rave-Elemente vermischen sich mit elektronischen Lo-Fi-Sounds. Das Spannende ist die Art, wie mit all diesen Elementen gespielt wird. Viele Passagen kommen komplett ohne Drums aus, wie in „Degeneration“, während sie bei „System Of Unlimited Love“ treibend im Vordergrund stehen.

Ein mutiger Schritt, nach den überraschenden Erfolgen, die die Kopenhagener letztes Jahr in ihrer Heimat mit „Konkylie“ erzielten, nicht auf der erfolgserprobten Schiene weiterzufahren. Dass bei aller Experimentierfreude sicher auch einige Fans auf der Strecke bleiben, muss dabei im Namen der Kunst in Kauf genommen werden. Wie ein glitzerndes Kristallmobile im Wind wechseln die Facetten des Albums zwischen aufblendenden, elektronischen Verzerrern und absoluter Stille, zwischen Rap und Gesang, düsterer Melancholie und aufblitzender Hoffnungsschimmer. Ein geniales, vielschichtiges Album mit Überraschungsmomenten, das man nicht gleich beim ersten Hören genießen kann.

Laura Aha

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