Rezension

Wax Idols
Discipline & Desire
Highlights: When It Happens // The Scent Of Love // Dethrone
Genre: New Wave // Dark Wave // 80s
Sounds Like: Savages // Siouxsie and the Banshees // Joy Division
VÖ: 19.07.2013

Sie haben den Sound, den Look, das hippe Label, ja sogar ein Tumblr mit verwackelten Schwarzweißfotos – und leider auch ein gehöriges Imageproblem. Als letztes Jahr die Savages aus London ihre ersten Lieder in die Umlaufbahn des Internets katapultierten und mal wieder untermauerten, dass wohl nicht mal ein gezielter Pflock ins Herz den New-Wave der Achtziger endgültig töten könnte, wurden nicht nur Schreiberlinge und Gruftis, sondern auch Hether Fortune, Sängerin der Wax Idols hellhörig und modellierte ihre ehemalige Powerpop-Band aus dem sonnigen Oakland zu einem Häufchen mondsüchtiger Fledermäuse um. Nun – ausgerechnet zeitgleich mit dem gefeierten Debüt der Savages – veröffentlichen die Wax Idols ihr erstes Album nach der Neuausrichtung: „Discipline and Desire“.
Die Gemeinsamkeiten sind natürlich frappant. Zwei Frauenquartette mit dem Geheule einer Siouxsie Sioux. Orientierung an der Industrieästhetik von Manchester. Stählerne Tempel. Harte Bassläufe und hallende Gitarren. Sterilität und klirrende Kälte. Kunstblut und Theaterschminke. Existenzialismus! Pathos! Tod! Deshalb werden Unzählige „Discipline und Desire“ als reines Plagiat abwatschen, ohne überhaupt intensiv in das Album reinzuhören, die Tatsache ignorierend, dass das gehypte Vorbild auch kein Lehrstück in Sachen akustischer Originalität ist.
Musikalisch hauen beide Alben natürlich in eine ähnliche Kerbe, wobei „Silence Yourself“ der Savages um einiges hysterischer, nervenaufreibender und immer knapp am musikalischen Zerfall vorbeischeppert – also definitiv das spannendere Album ist. „Discipline and Desire“ geht fast konservativ an seine Lieder ran. Behutsam werden längst etablierte Muster und Spannungsverläufe übernommen, Stimmungen etabliert und typische Themen übernommen. Das klingt nun negativer, als es eigentlich gemeint ist. Die hallende Laut-Leise-Dynamik auf „Stare Back“ schafft eine bedrohliche und angespannte Stimmung, während zurückhaltendere Lieder wie „The Scent Of Love“ oder „Stay In“ immer als Ruhepole fungieren und das Album davor bewahren, allzu kratzbürstig zu werden. Auch schmuggeln die Wax Idols neben all dem Gepolter und Geheule auch ein paar veritable Hits auf ihr Album. Gerade die Refrains von „When it Happens“ oder „Dethrone“ sind genretypisch überbordend und ergreifend, also kleine, dunkle, fiese Ohrwürmer.
Wie sollte man also an „Discipline and Desire“ herangehen? Es ignorieren und weiterhin den Vorbildern frönen? Die Genie-Debatte abtun und das Album als das ansehen, was es schlussendlich ist – eine überdurchschnittlich gute Sammlung an tradierten Songs? Wahrscheinlich ist letztere Herangehensweise die angebrachte. Gerade jetzt im Sommer, während alle sich die Seele aus dem Leib schwitzen, sollte das Album selbst dem lieblichsten Sommerschönling das Herz erschaudern lassen und damit die wohlverdiente Abkühlung verschaffen.
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Wax Idols - When It Happens from Slumberland Records on Vimeo.
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