Rezension

Wakey Wakey

Overreactivist


Highlights: Heartbroke // Golden // Homeless Poets
Genre: Pop
Sounds Like: The Duke Special // Keane // The All-American Rejects

VÖ: 26.02.2016

Große Fragen und Paradoxa der Wissenschaft erhalten oft deswegen keine Antwort, weil eine kleine Variable fehlt. Wo war der Übergang, als unbelebter Molekülschmodder auf einmal anfing zu leben? Wann wird aus einer kleinen Ansammlung von Sandkörnern auf einmal ein Haufen? Und was sich die Musikwissenschaft gefälligst einmal fragen sollte: Ab wann wird schöne Popmusik auf einmal unerträglich schnulzig und warum kennt niemand diese Grenze so gut wie Michael Grubbs?

Okay, auf seinem letzten Album „Salvation“ ist Grubbs aka Wakey! Wakey! dann doch mal auf der falschen Seite heruntergeplumpst – aber auf „Overreactivist“ tut er dann wieder das eigentlich Unmögliche auf Songs wie „Adam & Eve“: Da verbinden sich an sich viel zu simple Klaviermelodien mit Zeilen wie But still I hope and still I pray I could hope to make you stay und werden dazu noch von einer Extradosis Streichern unter... naja, unterstrichen, und das Ergebnis ist... vielleicht ein ganz kleines bisschen kitschig, aber ansonsten: wundervoll. „Homeless Poets“ fügt dem Ganzen noch eine fröhlich gluckernde Synthesizermelodie hinzu, müsste also erst recht jeden Musiknerd vergraulen, der etwas auf sich hält, ist aber sogar ein Highlight der Platte. Grubbs, was geht?

Nun verlangt nicht jeder Song so sehr, mit Herzchen-Emojis statt Worten beschrieben zu werden wie oben genannte, sie probieren allerdings hin und wieder auch Neues: „Still Life“ lässt ein Gitarrensolo gniedeln, als hätte Slash mal Lust auf ein Nebenprojekt ohne Arschlöcher, und „Cruel You“ ist dank aufgedrehter Lautstärke und Stimmverzerrer so kratzig, wie es Wakey! Wakey! vielleicht nur sein kann – und doch springt einem die Poppigkeit von „Overreactivist“ an jeder Stelle so sehr mit dem Hintern ins Gesicht wie die schlimmsten Radioverbrechen, während sie gleichzeitig unscheinbar und liebenswürdig bleibt. Da könnte man nun seinen Kopf anstrengen, wie das sein kann – oder einfach das Herz das Hören übernehmen lassen, wie es sich bei Wakey! Wakey! gehört.

Jan Martens

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