Rezension

Unknown Mortal Orchestra

II


Highlights: Swim And Sleep (Like A Shark) // Faded In The Morning
Genre: Psychedelic-Rock // R&B
Sounds Like: Opossom // Pond // Paul McCartney // Toro Y Moi

VÖ: 08.02.2013

Verstörend anders. Die Vorab-Single „Swim And Sleep (Like A Shark)“ ist ein viel zu kurzer Song, den man zwanghaft auf Dauerschleife rotieren lässt und einen für seine Dauer in eine Art Kokon zurückziehen lässt, in dem das Alles-Um-Einen-Herum zur Nebensache verkommt und nur der schummerig schöne Augenblick zu zählen scheint. „I'd fall to the bottom and I'd hide 'til the end of time; in that sweet cool darkness“ singt eine verletzliche, harmlose Stimme, von der man solche düsteren, emotionalen Abgründe kaum erwarten würde. Keine Frage, so düster, so schaurig schön. Doch was verspricht der Langspieler „II“, das zweite Album des Unknown Mortal Orchestra? Immerhin war diese Band zuletzt im Vorprogramm der Liars oder Grizzly Bear zu finden und verzückte sowohl deren Fans als auch die Blogosphäre. Ein Angebot seitens eines Labels wie Jagjaguwar flattert noch dazu auch nicht gerade jedem Stadtmusikanten ins Haus.

Besser verstehen lässt sich Unknown Mortal Orchestra als Einmann-Projekt eines depressiv wirkenden Ex-Punkers namens Rubin Nielson, der sich klassischerweise ins Hinterstübchen zurückzog oder die Songs einsam auf Tour schrieb. Lediglich auf einigen Songs mimten Freunde oder der eigene Bruder (Opossom) am Schlagzeug den Lückenfüller. War der Erstling noch ein vergleichsweise optimistisches Werk, thematisiert „II“ beinahe konsequent Einsamkeit, Isolation, Desillusion und eine gewisse Lebensmüdigkeit auf sehr düstere und kalte Weise und ist dabei durchgängig überzogen mit einer Art Grauschleier. Wozu noch einen Verzerrer für die Gitarre, wenn allein die Lyrics doch schon so verstörend sind?

„II“ ist durchaus als großer Bruder des ersten Albums anzusehen, wirken die Songs doch subtiler und expansiver als zuvor, als sich Songs meist auf repetitive Elemente, einen prägnanten Beat und eine poppige Song-Struktur zurückführen ließen. Die elementaren Bausteine in Nielsons Musik finden sich weiterhin im 60’s/70’s Psychedelic Rock, „Piper At The Gates Of Dwan“ von Pink Floyd oder auch Led Zeppelin sind erkennbare Einflüsse und auch simple Break-Beats kommen vielfach zum Einsatz. Allerdings rückt Nielsons verschachteltes Gitarrenspiel deutlich in den Vordergrund, nicht nur in der Vorab-Single hebt dieses die Qualität der Songs merklich. Elemente aus Soul, Funk und Jazz finden so Einzug in die Songs. Nur bedeutet komplexer eben nicht unbedingt besser.

Vor allem aber gesanglich spannt „II“ häufig die Brücke zu R&B, was einerseits spannend, andererseits zu einfältig umgesetzt wurde. Es kommt der Punkt, da nervt die hohe Frequenz dieser Stimme. Schade ist, dass mancher Song zu abgenutzt klingt und sich den Vorwurf des Classic-Rock-Atavismus einfach gefallen lassen muss: „No Need For A Leader“ klingt schlicht nach Allerwelts-Band und macht alles falsch, was das gleichfalls rockende „Faded In The Morning“ richtig macht.

Was Nielson dazu meint? „The world doesn’t need more music. I don’t really care about nowness und newness; I’m not proud of being alive in 2012. But it’s ok…”. Damit hat er wohl mehr über das Album erklärt, als es eine Rezension je könnte. Die Erwartungen sind diesem Herrn egal, aber Potential zu einem meisterhaften Album hätte das schon gehabt. Man begebe sich nurzu auf Detailsuche.

Achim Schlachter

Sehen


"Swim And Sleep" bei Youtube samt hübschem Single-Cover

Hören


Das komplette Album im Stream bei NPR

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!