Rezension

Twinsmith

Alligator Years


Highlights: Seventeen // Lost Time // Haunts
Genre: Pop // Surf-Pop // Retro-Pop
Sounds Like: Vampire Weekend // The Kooks // Arctic Monkeys

VÖ: 08.05.2015

Ein riesengroßer, skelettierter Alligatorschädel, moorige Landschaften, Fackelträger und Fahnenschwinger vor einem Himmel, so rosa wie Zuckerwatte – das Artwork des zweiten Albums von Twinsmith erinnert ein wenig an die Vorzeit. Oder zumindest beinahe – wären da nicht die aus der Reihe fallenden Kleidungsstücke der Fahnen- und Fackelträger, die weniger in die Zeit passen, in der das Rad erfunden wurde. Wir befinden uns wohl in den Alligator-Jahren.

Schon vom ersten Klang an ist irgendwie klar, dass „Alligator Years“, der zweite Langzeitspieler der vierköpfigen Band Twinsmith aus Omaha, Nebraska, nicht ganz fremd ist. Hat man dann vier, fünf Takte vom Opener „Seventeen“ im Ohr, ist man sofort um die 10 Jahre in die Vergangenheit gereist. Damals waren es allerdings Titel wie „Naive“ oder „She Moves In Her Own Way“, mit denen die Kooks den Sommer einläuteten. Es waren auch „Mardy Bum“ und „Dancing Shoes“ der Arctic Monkeys, zu denen man das Bier beim Tanzen verschüttete oder Vampire Weekends „A-Punk“, das etwas ganz anderes, so gut Gelauntes war.

Bei Twinsmith geschieht all das, was schon einmal dagewesen ist, gerade jetzt. Das ist eigentlich ziemlich interessant, denn trotz der immens vielen Parallelen zu Musik von Bands, die schon einmal Herzen mit beinahe genau den Klangwelten auf „Alligator Years“ eroberten, hegt man keinen Groll auf Twinsmith. Das, was sie machen, machen sie doch ziemlich gut. Es fällt aber auf, dass die persönliche Note bei Twinsmith viel zu kurz kommt. „Haunted“ hätte Original auf Vampire Weekends „Contra“ zu finden sein können, ähnlich verhält es sich mit anderen Tracks der Platte. „Said And Love“ oder „Constant Love“ zeigen aber, dass es auch anders ginge. Etwas mehr Surf-Pop hier, den Synthie-Beat da und Twinsmiths Handschrift wäre markanter, eigener.

Allem Anschein nach wollten die Herren von Twinsmith weniger Wave-Pop als auf dem Debütalbum liefern, dafür aber mehr Gitarren mit ins Spiel bringen. Das ist soweit auch geglückt. Alles in allem ist die Zeitreise in die Alligator-Jahre auch ganz unterhaltsam und wenig anstrengend, denn auch jemand, der die Platte noch nicht gehört hat, kennt sie eigentlich schon. Man könnte auch die Überlegung anstellen, ob es sich lohnt, sich auf ein neues Album einzulassen: Man könnte die gewünschte Zeitreise doch viel leichter haben, würde man einfach weiter hinten ins CD-Regal greifen und sich nur noch zwischen der eingestaubten „Inside In / Inside Out“ der Kooks oder „Contra“ entscheiden, denn Twinsmith haben mit „Alligator Years“ das Rad nicht neu erfunden, aber auch das hält sich bis heute ja durchaus solide.

Doreen Stoecke

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