Rezension

Twerps

Range Anxiety


Highlights: I Don't Mind // Back To You // Simple Feelings
Genre: Twee // Kiwi-Pop // Indie-Pop
Sounds Like: The Go-Betweens // The Clean // The Chills // Dick Diver

VÖ: 30.01.2015

Jeder Autofahrer kennt das Szenario. Das Warnlicht blinkt seit zwei Tagen, der Motor stottert bereits trotzig. Die nächste Tanke in 10 Kilometern! Durchhalten, sachte ausrollen lassen, kein Tröpfchen vergeuden. Diese Angst vor dem leeren Tank nennt sich auf Englisch „Range Anxiety“ und ist zugleich Titel des zweiten Albums der Twerps. Ein Albumtitel, der wie eine Kampfansage klingt: Wie weit wird die australische Band, die in den letzten Jahren mit Artverwandten wie Real Estate oder Mac DeMarco tourte und sich auch außerhalb ihres Heimatkontinents eine kleine loyale Fanbase erspielen konnte, mit ihrer neuen Platte kommen?

Dass geschmackvolle Einflüsse nicht notgedrungen ein herausragendes Album ergeben, verdeutlicht „Range Anxiety“. Twerps haben die stilsicheren Vorbilder wie die australischen Go-Betweens oder das neuseeländische Flying Nun-Label der Achtziger, erreichen allerdings dabei weder die instrumentale Eleganz der ersteren noch die schräge Experimentierfreude der letzteren. Dabei fängt das Album recht vielversprechend an: „I Don't Mind“ ist entspannt und nimmt sich massiv Zeit, um Gitarrenlinien aufzubauen, Melodien auseinander zu falten und sachte Instrumente zu schichten. Auch „Back To You“ quietscht und orgelt sich so vergnügt zu einem eingängigen Refrain hoch, wie es die neuseeländischen Halbgötter The Clean zu ihren Glanzzeiten nicht besser hingekriegt hätten. Einen ersten Dämpfer erhält das Album dann, wenn Gitarristin Julia McFarlane das Mikro ergreift und durch exzessiven Singsang jeden Song zu einem Kinderlied verkommen lässt. Doch sie ist nur ein Faktor, der dieses Album davon zurückhält, wirklich überzeugend zu sein. Besonders die Instrumentierung ist zu bieder und einfallslos, um der Band den Schulterschluss zu ihren gewaltigen Vorbildern zu ermöglichen.

„Range Anxiety“ ist harm-, zahn- und nicht nur ein bisschen charakterlos. Die schnelleren und düsteren Lieder, die noch das erste Album über weite Strecken geprägt haben, sind einer Einheitlichkeit gewichen, die im besten Fall entspannend, im schlimmsten schlichtweg einschläfernd ist. Leicht? Sicher. Locker? Klar. Ein bisschen langweilig? Das leider auch. „Range Anxiety“ läuft über große Strecken im Leerlauf. In ausverkaufte Konzerthallen wird „Range Anxiety“ die Band nicht karren, was wohl allerdings auch nie beabsichtigt war. Kleinere, heimeligere Clubs wird man allerdings trotz grell blinkendem Warnlicht gerade noch erreichen.

Yves Weber

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