Rezension
tUnE-yArDs
I Can Feel You Creep Into My Private Life
Highlights: ABC 123 // Honesty // Colonizer
Genre: Pop // Experimental
Sounds Like: Holly Herndon // Scissor Sisters // Flaming Lips
VÖ: 19.01.2018
Ganz und gar zappeligen Pop präsentieren tUnE-yArDs auf ihrem neuen Album. Aus dem Soloprojekt von Merrill Garbus ist nun offiziell ein Duo geworden. Nate Brenner, der seit 2009 an Bord ist, bildet mit seinen groovigen Bassläufen den perfekten Gegenpol zu Garbus verschrobenem Gesang und der Horde verschiedener Rhythmen, die in jedem Song spielerisch um die Vorherrschaft kämpfen.
Wie es die beiden schaffen, gleichzeitig arty-farty und brutal eingängig zu klingen, bleibt wahrscheinlich ein Geheimnis. Drei mögliche Lösungsansätze liegen nahe:
1. Merrill Garbus hat sich in den letzten Jahren das Auflegen beigebracht und es mit einer Mischung aus Voodoo und Eleganz geschafft, den Rave zwischen die Noten zu schreiben.
2. Das unfassbare Bassspiel von Nate Brenner ist eigentlich der Schlüssel zur Tanzbarkeit.
3. Politik ist tanzbar.
Punkt drei legt das nächste große Feld frei, welches die Band beackert. Neben dem Klangbild steht natürlich die politische Botschaft der Texte im Raum. Garbus betrachtet beispielsweise ihre Rolle als weiße Frau in einer von Rassismus und Ausbeutung geprägten Gesellschaft: „I use my white woman's voice to tell stories about travels with African men // I smell the blood in my voice.“ Sie widmet sich den Filterblasen und dem damit verbundenen Komfort („All the relaxation I feel most everywhere // except the places I don't go“), rechnet mit allgemeinen Vorzügen von Privilegien ab („Everything is better when you're cheering for the winner“) und kommt zu dem Schluss: “Don't tell me I'm free!”
Es ist logischerweise ein Mammutprojekt, tanzbare Popmusik mit politischer Relevanz zu verbinden und dabei nicht aufgesetzt, plakativ oder prätentiös zu klingen. tunE-yArDs meistern diese Herausforderung so leichtfüßig, als seien Pop und Politik im selben Gedankengang entstanden. Von dieser ehrlichen, wilden und auch total durchgeschepperten Art kann sich jede politische Diskussion eine Scheibe abschneiden – und auf der nächsten Party auflegen. Dope!
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