Rezension
Tricky
Knowle West Boy
Highlights: Puppy Toy // Bacative // Past Mistake // Far Away
Genre: Nearly Everything
Sounds Like: Muggs // Whale // Sneaker Pimps
VÖ: 04.07.2008
Es mutet schon beinahe wie eine Komödie an. Da tut Tricky wirklich alles, um seiner Trip-Hop-Vergangenheit zu entkommen. Er lässt in Interviews kein gutes Haar an seinen alten Weggefährten von Massive Attack und betont immer wieder, dass sein künstlerischer und musikalischer Anspruch ganz woanders liegt. Und dann traut sich Domino Records doch tatsächlich, ihn im Promotext als „Godfather of Trip-Hop“ anzupreisen!!! An dieser Stelle darf laut gelacht werden. Aber nur kurz, denn Trickys bereits achtes Album ist allein aufgrund seines Hintergrunds eher nicht zum Lachen. „Knowle West Boy“ ist seine Hommage an die Slums von Bristol, aus denen er kommt. Dort, wo eine Multi-Kulti-Gesellschaft der sozial Vernachlässigten größtenteils vor sich hin vegetiert.
Diese Rückbesinnung auf seine Wurzeln fördert wieder den Tricky zu Tage, der vor langer Zeit mal als einer der kreativsten Künstler der Insel galt. Spätestens seit „Vulnerable“ vor fünf Jahren durfte dies auch offiziell stark angezweifelt werden. Uninspirierter und ideenloser war er wohl nie. Tatsächlich steigt Tricky mit „Knowle West Boy“ aber buchstäblich aus seiner eigenen künstlerischen Asche und bietet ein nicht nur ungeheuer abwechslungsreiches Album, sondern auch eine Platte, die vor Ideen nur so strotzt.
„Knowle West Boy“ ist eine autobiografische Erfahrung, die man hautnah miterleben kann. Tricky verwurstet so ziemlich jeden musikalischen Einfluss, mit dem er je in Berührung gekommen ist. Als da wären: Tom Waits´scher Barblues („Puppy Toy“), astreiner Dubstep („Bacative“), lateinamerikanische Rhythmen („Cross To Bear“), Dancehall („Baligaga“), New Wave („Far Away“) und, Überraschung, Trip-Hop allererster Güte (“Past Mistake“). Alles natürlich in Trickys jeweiliger Auffassung des Genres abgehangen. So auch seine Interpretation von Kylie Minogues Gassenhauer „Slow“, die allerdings etwas blutarm ausfällt.
Wer einen weit gestrickten Musikhorizont hat, wird mit „Knowle West Boy“ seine wahre Freude haben. Eine Entdeckungsreise in alle Nischengenres der letzten 20 Jahre ist garantiert. Den Rest wird das Album aber auf ähnliche Weise überfordern, wie es bereits bei allen anderen Tricky-Alben der Fall war. Neue Fans wird er auf jeden Fall eher weniger dazu gewinnen, dafür aber alle bereits verloren Geglaubten zurück ins Boot holen.
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