Rezension

Trettmann
Trettmann
Highlights: Intro // Stolpersteine // Retro Shirt
Genre: Elektro // Hip Hop // Cloud
Sounds Like: Gucci Mane // Tua // Haiyti
VÖ: 13.09.2019

Der melancholischste Raver ist zurück, der ehemals älteste Newcomer, der chronische Sonnenbrillenträger. Mit dabei, natürlich, sein Produzenten-Trio KitschKrieg, die schon den Sound seines Debütalbums „#DIY“ geprägt haben. Hier ist der erste große Pluspunkt: Die Produktion ist massiv. KitschKriegs Beats erkennt man einfach. Spätestens, wenn sie ihren Namen droppen oder ihn auch nur andeuten. K-K-K-K. Auf „Trettmann“ hat 90er-Techno genauso seinen Platz wie Dancehall und schwammige Cloudbeats.
Vollkommen stilsicher samplen KitschKrieg beispielsweise Nils Frahm und erweitern sein Klavier um ihren 808-Groove. Das passt so gut, dass man meint, Frahm hätte das schon im Kopf haben müssen, als er den Part einspielte. „Stolpersteine“ ist auch textlich krass: Trettmann beschreibt treffsicher, wie er auf dem Nachhauseweg über einen Stolperstein direkt in die dunkelste deutsche Vergangenheit schlittert: „Setz' mich hin vor ihrer Haustür // Sie ging ein und aus hier // Saß sie auch hier, hier im Viertel, wo jeder jeden kennt // Stell' mir vor wie sie mir 'n Lächeln schenkt // Ob es wohl so 'n Morgen, so wie dieser war // Straße menschenleer, als der Wagen kam // Reifen quietschen, erste Straßenbahn // Alle schau'n, doch kein Licht geht an.“ Nebenbei räumt er mit dem Mythos auf, dass niemand von etwas wusste. Das passt nicht zusammen mit der Hood, in der jeder jeden kennt. Eine Brücke zwischen Shoa 1945 und Raven 2019 zu schlagen ist schon eine Wucht. Aber Trettmann bearbeitet nicht nur so ein großes Thema lyrisch interessant. Die Lyrics sind der nächste große Pluspunkt. Gleichzeitig einfach und vieldeutig.
Neben einer Wucht wie „Stolpersteine“ gibt es natürlich auch reine Feier-Songs wie „Du Weißt“ mit GZUZ, verflossene Lieben („Hätten wir sein können“) oder Momente von Zweisamkeit („Retro Shirt“). Trettmann schließt mit einem Song über seine Tochter Margarete. Auch hier wird es nicht kitschig, sondern der Raver und Nachtschwärmer kommt nur zu Hause an. Trettmanns zweites Album ist groß. Aber wenn man so cool ist wie er, ist es vielleicht auch einfach Standard.
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