Rezension

Travis

The Boy With No Name


Highlights: Selfish Jean
Genre: Britpop // Indie
Sounds Like: Snow Patrol // Coldplay // Badly Drawn Boy

VÖ: 04.05.2007

Sich mitten aus einem prächtigen, pulsierenden Lebensgefühl an einem Sonntagmorgen auf Travis einzulassen, könnte nach hinten losgehen. Zumal es die Jungs um Fran Healy bislang doch eher verstanden haben, die melancholischen Momente des Lebens klanglich zu untermalen. Und genau dieses Gefühl erschliesst sich mit dem Opener ("3 Times And You Lose"). Aber wo kämen wir denn hin, wenn das Leben nur wehmütig anmuten würde? Genau!

Her mit nach Lebenslust schreienden Melodien, dem Sound, der, wie das Leben auch, quirlig und farbenreich daherkommt: "Selfish Jean" purzelt genau auf diese Art daher, nimmt mit und ein. So schmeckt guter Britpop, ein erfrischender Drops, der auf der Zunge prickelt.

Aber wie erwartet, bleiben sich Travis grundsätzlich treu, denn auf "The Boy With No Name" haben sie wieder einige dieser typischen ruhigen und semitraurigen Songs geschaffen, die die perfekte Klangkuscheldecke für die "Ich-vergrab-mich-jetzt-und-lasse-all-meinen-Kummer-zu-Momente" zu sein scheinen. Aber dennoch entspricht dies nicht der generellen Klangroute. Jedes Lied klingt anders, nichts wiederholt sich - abgesehen von Frans hymnischem Gesang, der die Band so unverwechselbar macht. Dennoch ist nichts wirklich neu. Aber das sollte kein Problem sein - der gemeine Travis-Fan hat nun seit Jahren auf das neue Album warten müssen und wird genau diesen Sound sehnsüchtig vermisst haben.

Mit "Eyes Wide Open" bleibt Fran gesanglich weitaus geerdeter - hier wird auf die immer weiter aufschraubenden Gesangshymnen verzichtet. Dennoch wirkt dieser Song sehr hymnisch, da er von einer interessanten Gitarre getragen wird, die die Dramatiksteuerung übernimmt und das Stück damit sehr in die Nähe des Sounds der Manic Street Preachers rückt.

Selbstverständlich können Vergleiche mit anderen Künstlern und Bands nicht ausbleiben - dafür ist - wie eingangs schon erwähnt - zu wenig neu. So toniert "One Night" wie ein Versuch, wie die Beatles zu klingen, um dann doch wie Brett Anderson und Suede zu enden. Nichts wirklich Schlimmes - dennoch vielleicht einmal zu oft dagewesen. Beatlesanleihen ("Out In Space" // "New Amsterdam") finden sich immer mal wieder, nicht unsympathisch, aber auch nicht umwerfend schön geraten.

Für eingefleischte Travis-Fans ist mit "The Boy With No Name" sicherlich ein klanggewordener Sehnsuchtsträger geschaffen worden. Für alle anderen Konsumenten ein Tonträger, der ganz nett sein und seine Momente haben - aber existentiell nicht wirklich von Bedeutung sein - dürfte.

Silke Sprenger

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