Rezension

Tortuga Bar
Narcotic Junkfood Revolution
Highlights: Storm // Halle Berry // Addicted
Genre: Indie
Sounds Like: Sharon Stoned // The Lemonheads // Virginia Jetzt! // Sonic Youth
VÖ: 26.06.2009

Mitte der 1990er Jahre konnte mancher glauben, gute deutsche Musik käme zwangsläufig von Musikern aus Ostwestfalen. Locust Fudge, Hip Young Things oder Sharon Stoned, Begemann, Spilker, Distelmeyer oder Bernadette La Hengst - und die Reihe ließe sich weiter fortsetzen. Einer der damaligen Protagonisten Mark Kowarsch (Speed Nigss, Sharon Stoned, Elektrosushi) veröffentlicht nun mit Alexandra Gschossmann und zahlreichen Gästen als Tortuga Bar ein neues Album.
„Narcotic Junkfood Revolution“ vereint dabei in zwölf Stücken ungefähr genauso viele Stile und doppelt soviel Gäste. So erscheint es als Ansammlung all dessen, was die Tortuga-Bar-Mitglieder musikalisch in den letzten zehn Jahren bewegt hat, aufgehübscht durch alte und neue Helden, die mehr oder weniger zum Kowarsch’en Bekanntenkreis zählen. Hymnischer Wave-Pop steht da neben rumpelig noisigem Pop, eine Lemonheads-Coverversionen neben elektronisch tanzbar Punkigem, absurder Orgel-Country neben grungigem Blues und zuckersüße, akustische Perlen neben klassischem College-Alternative. So ordnet das Album sich irgendwo im weiten – längst untergegangenen – Indie-Universum zwischen Dinosaur Jr., Sonic Youth, Weezer und The Twilight Singers ein.
Dort finden sich dann selbstverständlich in Technik und Arrangement perfekte Stücke, die aber doch eine Weile brauchen, um in ihrer stilistischen Vielfalt und der übermäßigen Abwechslung bei den Gesangsgästen wirklich gewürdigt werden zu können. Eindruck hinterlassen die Stücke deswegen noch lange nicht. „Likely To Be Dropped“ rockt mit Nagel am Mikro zu Beginn noch einigermaßen mitreißend los, verliert aber auf knapp drei Minuten schon massiv an Spannung. „Fake It“ mit den Gästen Klaus Cornfield und Bernadette La Hengst greift die Motivation, rocken zu wollen, schon gelungener auf und der Quasi-Weezer-Song „Sweet Sage“ erfüllt dieses Ansinnen auf poppige Weise.
Zum anfangs schnellen Verschwinden des Interesses trägt nicht zuletzt die Version des Lemonheads-Stücks „Don’t Tell“ mit Nino Skrotzki von Virginia Jetzt! bei. Der wiederum darf auch das eigentlich ganz bezaubernde „Columbine Community“ mit seinem Gesang zu Grabe tragen. Beglückend und charmant und vor allem toll erklingt dagegen das akustische, zerbrechliche „Storm“, zu dem Evan Dando und Gisbert Zu Knyphausen beitragen. Den wavigen Charakter zur stürmischen Hymne an „Halle Berry“ tragen David Cunningham und Phillip Boa bei, verdecken aber nicht, dass der Song auch mit anderen Vokalisten einfach gelungen wäre.
Gut ist auch noch einiges anderes auf „Narcotic Junkfood Revolution“. Doch sei es das poppig tanzbare „Foolish“ mit Kate Mosh, der Sportfreund Peter Brugger im erwähnten Orgel-Country „Bika“ oder das düster-aggressiv pulsierende „Addicted“ mit Sedlmeirr und Rummelsnuff, sie täuschen nicht hinweg darüber, dass etwas mehr Homogenität dem Album gut getan hätte und dass manch ein Song zu schnell alltäglich erscheint oder gar ermüdet.
Eine Nachbemerkung ist da noch nötig: Manche Alben gefallen subjektiv außerordentlich, obwohl sie pseudo-objektiv gar nicht so gut sind. Andere wiederum – und hier kommt leider „Narcotic Junkfood Revolution“ ins Spiel – sind recht gut, gefallen dennoch subjektiv eher weniger.
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