Rezension
Titus Andronicus
A Productive Cough
Highlights: Real Talk // Above The Bodega (Local Business) // (I‘m Like A) Rolling Stone
Genre: Bar-Rock
Sounds Like: Bruce Springsteen // Desaparecidos // Bright Eyes
VÖ: 02.03.2018
Man kann Titus Andronicus kaum vorwerfen, ihre Karriere nicht genügend durchgeplant zu haben. I‘ll write my masterpiece yet, hieß es auf ihrem bereits recht vielversprechenden Debüt „The Airing Of Grievances“. Diese Prophezeihung wurde bereits zwei Jahre später mit „The Monitor“ eingelöst, einem mammuthaften Konzeptalbum über den amerikanischen Bürgerkrieg, das sich von kurzen Punkperlen bis neunminütigen, epischen Genre-Ritten alles erlaubte, alles schaffte und noch Raum für weitere Vorhaben ließ: I’ll destroy everything that won’t make me more like Bruce Springsteen, krächzte Patrick Stickles auf „The Battle Of Hampton Roads“ – dass das auch auf „A Productive Cough“ noch nicht wirklich klappt, ist einer der wenigen Vorwürfe, den man dem Album machen kann.
Nach dem teils skizzenartigen „Local Business“ und dem größenwahnsinnigen Doppelalbum „A Most Lamentable Tragedy“ erinnert das fünfte Album des New-Jersey-Quartetts zumindest vom Umfang her an das große Werk des Boss: „Born To Run“ hatte acht Songs, „A Productive Cough“ sieben. Die verdeutlichen wieder einmal die Tendenz von Titus Andronicus, jenseits der Drei-Minuten-Grenze, nach der Rock- und Punksongs für gewöhnlich schon enden, erst richtig die Ärmel hochzukrempeln. Im besten Fall entsteht dabei „(I’m Like A) Rolling Stone“, das selbst innerhalb der 1001 Cover-Versionen des Dylan-Klassikers durch seine textlichen Modernisierungen, den wohl ekstatischsten Xylophon-Einsatz der kontemporären Rockmusik und sein ganz allgemeines Abdriften in totales Chaos eine Sonderposition einnimmt.
Ganz so souverän durchlaufen Titus Andronicus jedoch nicht jeden ihrer Songmarathons: Funktioniert die kratzige Ballade „Number One (In New York)“ noch aufgrund von Stickles‘ lyrischem Genius, ist „Home Alone“ nur ein ausuferndes Gitarrensolo von einer achtminütigen, mantra-artig gegröhlten Wiederholung einzelner Zeilen entfernt. Und à propos Gröhlen: Am besten funktioniert auch „A Productive Cough“ wieder, wenn es in die Kneipen schielt, sei es beim bläserlastigen „Real Talk“, das New Jersey durch New Orleans austauscht oder das von Megg Farrell (eine Sängerin aus Brooklyn) gesungene „Crass Tattoo“, das ein amerikanisches Volkslied sein könnte, würde es nicht von einer Tätowierung handeln.
Dieses Treffen des amerikanischen Volksgeistes ist dann in der Tat etwas, das Titus Andronicus mit dem Boss verbindet. Das andere ist die nicht zu unterschätzende Eigenschaft, auch noch Jahre nach dem Release des ersten großen Werkes relevant zu bleiben. Was sagst du da, Albumopener, Eleven years in and trying to stay relevant? Mensch Titus, ihr und eure Pläne immer.
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Rezension zu "The Most Lamentable Tragedy" (2015)
Rezension zu "The Monitor" (2010)
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