Ja ne, ist klar: Auch wenn sein neues Album „Adult Film“ heißt, hat Tim Kasher – zumindest unseres Wissens – nicht plötzlich angefangen, Pornos zu drehen. Dennoch trägt „Adult Film“ seinen Titel zurecht: Denn hier trägt Tim Kasher Gedanken und Geschichten von Erwachsenen für Erwachsene vor: altersweise und desillusioniert, aber auch so spannend und zeitlos, dass sie das Filmformat verdienen würden: 'cause we are great Americans, our stories need to be written – and then the book becomes a film, and the film becomes a modern masterpiece („American Lit“).

Solcherlei Gedanken wären (und waren) in den ruhigen Akustiksongs von The Good Life schon immer falsch aufgehoben gewesen – und so ist es kein Wunder, dass sie im Kosmos von Tim Kashers Schaffen mittlerweile eine Nischenrolle einnimmt und auch auf „Adult Film“ die sanften Töne zwar nicht ganz rar gesät sind, aber eher die vernachlässigbaren Stücke auszeichnen. Spannend ist „Adult Film“ dann, wenn trotz all des Gespürs, das Tim Kasher für Melodien hat, leichte Disharmonien den Song verfremden, sei es die schrille Hammond-Orgel im Hintergrund von „Life And Limbo“ oder die scheinbar hängengebliebene Platte gleich zu Beginn des Albums. Hier merkt man, warum sich die ähnlich gestrickten Cursive immer noch bester Gesundheit erfreuen.

Die wirklich neue Seite aber, die Tim Kasher seinem Schaffen schon auf „The Game Of Monogamy“ hinzufügte und nun noch weiter ausbaut: sein irrwitziges Talent, düsterste Thematiken in oberflächlich fröhliche Popsongs zu kleiden. „Truly Freaking Out“ wabert so beispielsweise mit vielen kleinen Oooohs fröhlich vor sich hin, während die persönliche Apokalypse aufbeschworen wird, wohingegen „A Raincloud Is A Raincloud“ in fiesesten Ohrwürmern der blöden alten Hoffnung den Garaus macht. Bei diesen Gratwanderungen zwischen den Emotionen scheint Kasher in seinem Element zu sein – mehr solcher Songs, und aus „Adult Film“ hätte ein echter Blockbuster werden können.

Jan Martens

Diskutieren

Lesen

Weitersagen

Finden