Rezension
Tigers Jaw
Charmer
Highlights: Hum // Charmer // I Envy Your Apathy // Slow Come On
Genre: Indierock
Sounds Like: Balance And Composure // Seahaven // Title Fight
VÖ: 06.06.2014
Wenn man die Temperatur von Musik messen könnte – wenn man ein Thermometer nehmen und die Wärme analysieren könnte, die sich als ein behagliches Gefühl in uns ausbreitet, wenn wir einen bestimmten Song oder ein bestimmtes Album hören... Dann wird es dieses Jahr wohl nur wenige Alben geben, an denen man sich so schön wird wärmen können wie an Tigers Jaws „Charmer“.
Damit bildet die Band aus Scranton mehr oder weniger die Speerspitze einer Welle von Bands, die zwar einem Punk-/Hardcore-Umfeld entstammen, aber diesen musikalisch immer öfter verlassen und auch emotional eine in diesem Genre zuvor kaum gekannte Intensität erreichen. La Dispute und beispielsweise Title Fight könnte man hier nennen. Im Gegensatz zu diesen spielen Tigers Jaw einen zwar energievollen, aber doch sanften, entspannten Indierock, der an Genre-Epigonen wie Sebadoh erinnert und nur in einigen Songs noch die stellenweise fast poppunkige Vergangenheit der Band durchscheinen lässt.
Einen großen Anteil an der Schönheit der Songs auf „Charmer“ hat hier der Gesang von Adam McIlwee, der es schafft, zwischen einem aufbauenden und einem zerbrechlichen Klang geradezu zu oszillieren und gerade bei „I Envy Your Apathy“, einem der ruhigsten Stücke des Albums, den einen oder anderen Kloß im Hals verursacht. Die Songs, bei denen Keyboarderin Brianna Collins einen Hauptteil der Gesangsparts übernimmt, tragen ihr Übriges dazu bei – wer einen Eindruck davon haben möchte, welche visuellen Eindrücke ein Synästhetiker bei „Charmer“ wohl haben würde, braucht sich nur das sanft wogende, in blau-weißes Licht getauchte Video zu „Hum“ anschauen, das auch die introvertierte Fragilität der Lyrics zeigt: I'm always talking in circles, I always think until I can't sleep. You are the leaves at my feet, you are the hum of electric heat.
Und gerade Songs wie „Hum“ oder das ungestüme, von Gitarrist Ben Walsh gesungene „Frame You“ senden aus einem ganz anderen Grund leuchtende Signale – denn da neben Frontmann Adam McIlwee noch zwei weitere Fünftel von Tigers Jaw die Band verlassen, zeigt sich, dass die Band bei Walsh und Collins für die Zukunft in guten Händen ist. Gott sei Dank. Ein bisschen Wärme schadet nämlich nie.
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