Auch wenn Band- und Albumname "This Will Destroy You" vielleicht zunächst etwas anderes, Aggressiveres vermuten lassen mögen: Hier erwartet Dich, lieber Leser, eine Rezension einer weiteren Platte aus dem Postrock-Genre - dem Genre also, das wohl wie kein anderes von relativer Ähnlichkeit von Form und Funktion der musikalischen Mittel der ihm zugeordneten Bands geprägt sind. Insofern würde es inhaltlich wahrscheinlich kaum auffallen, würde der Rezensent im Folgenden beispielsweise einfach Kollege Porsts Winchester-Club-Rezension fleddern, Klischee-Vokabular wie "sphärisch" anhäufen und notfalls einige Eckdaten ändern.

Aber so einfach ist es dann natürlich doch nicht. Schließlich hat es gute Gründe, weswegen gewisse Bands wie Explosions In The Sky oder Red Sparowes so gut wie einstimmig als die Heroen des Postrock gelten, während andere Bands nur in Insiderkreisen Beachtung finden. Denn auch bei Postrockbands lässt sich qualitativ durchaus differenzieren, auch wenn die Kriterien hier auf anderen Ebenen als etwa der simplen Beherrschung der Instrumente oder dem Händchen für tolle Melodien sind. So macht es eine gute Postrockband aus, dass sie den Hörer in Trance versetzt und ihn Zeit und Raum um ihn herum vergessen lässt, anstatt ihn mit lediglicher Monotonie in den Songs einzuschläfern. Es macht eine gute Postrockband aus, dass sie mit den Rezipienten in höchste Höhen der Gefühle aufsteigen kann und ihn, sobald sie dort angekommen sind, sanft wieder auf den Boden zurücktragen kann, anstelle ihn abrupt herunterplumpsen zu lassen. Und während die Spannungsbögen, die eine mediokre Postrockband aufbaut, stellenweise auch einmal schlaff herunterhängen können, bleiben diese bei einer guten Postrockband auch über längere Zeit stets straff gespannt.

Nun sind es also This Will Destroy You aus Texas, die ihren Namen im Gedächtnis der Freunde komplexer Musik festbrennen wollen. Ihr Debütalbum beginnt mit dem programmatisch betitelten "A Three-Legged Workhorse" - denn wie ein lahmes Pferd, das auf dem Weg zum Schlachthaus seinen nahenden Tod zu fühlen beginnt und schließlich anfängt, sich gegen sein Schicksal zu wehren, bäumt sich auch der Opener plötzlich auf und lässt nach anfänglichen, wohlklingenden Gitarrenklängen wie aus dem Nichts massive Soundwände gen Himmel schießen. Strukturell recht ähnlich und doch eine Klasse für sich, konterkarieren auch gegen Ende des Schlusstracks "Burial On The Presidio Banks" sowie in dem mit sechs Minuten verhältnismäßig kurzen "Threads" plötzliche Ausbrüche die stille Idylle, während This Will Destroy You ansonsten eher ruhig, sanft und gemächlich an die Klangmaurerarbeit gehen. Zwar erstreckt sich nur "The Mighty Rio Grande" über die von Postrockbands nicht selten erreichte Länge von 10+ Minuten, doch zeigt dieser Track, dass die Texaner plötzliche Laut-Leise-Wechsel nicht nur hau-ruck-artig mit dem Brecheisen, sondern auch mit der nötigen Geduld vornehmen können.

Und da sich blöde Wortspiele bei einem solchen Bandnamen natürlich anbieten: Mit ihrem Werk zerstören This Will Destroy You weder die Hörgewohnheiten des Postrockliebhabers noch die Stabilität des Throns, auf dem die bereits im ersten Absatz erwähnten Ikonen sitzen. This Will Destroy You sind gut genug, um sich einen festen Stand in ihrem Genre zu sichern - doch ganz oben, am Himmel, explodieren die roten Spatzen zunächst weiter exklusiv.

Jan Martens

Diskutieren

Weitersagen

Finden